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Archiv-Artikel

Wo er geht, wo er steht

POLIZEI NUTZT „STILLE SMS“

Eine interaktive Karte im Internet zeigt sechs Monate im Leben des Malte Spitz. Am 21. November 2009 gegen 15 Uhr unternahm Spitz, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen, zum Beispiel einen Inlandsflug von Frankfurt am Main nach Berlin-Tegel. Auf der Karte flitzt eine rote Markierung über eine Deutschlandkarte, man kann die Geschwindigkeit einstellen und den Tag auswählen. Man sieht, wo Malte Spitz schläft, wann er aufsteht und wann er ins Bett geht, wie häufig er verreist und ob er dabei das Auto nimmt, den Zug oder den Flieger.

Malte Spitz hat die Telekom verklagt, damit sie ihm die über ihn gespeicherten Daten gibt. Er hat die Daten in Kooperation mit der Zeit veröffentlicht, um erfahrbar zu machen, was Ortungsdaten über einen Menschen aussagen. Ortungsdaten, die bei jeder Handy-Verbindung entstehen, weil der Mobilfunkanbieter speichert, zu welchem Mobilfunkmasten das Handy gerade Kontakt hält. In einer Stadt lässt sich dann der Standort auf wenige Dutzend bis hundert Meter bestimmen, auf dem Land sind es wenige Kilometer.

Wer Malte Spitz auf der Karte verfolgt, der kann auch nachvollziehen, wie man sich als Polizist fühlt: In dieser Woche kam heraus, dass Berliner Beamte im vergangenen Jahr 250.879-mal einen Handystandort abgefragt haben. Das Instrument dafür heißt Stille SMS: Die Polizei schickt eine SMS, die auf dem jeweiligen Handy aber nicht angezeigt wird. Trotzdem entsteht eine Verbindung zum Handy – und die Polizei kann sehen, über welchen Funkmast diese zustande kommt. Innerhalb von zwei Jahren ist die Zahl der verschickten Stillen SMS um rund 300 Prozent gestiegen.

Wie viele verschiedene Personen davon betroffen waren, gab die Polizei nicht bekannt. Ebenfalls nicht, in wie vielen Fällen es ihnen gelungen ist, einen Verbrecher zu fassen. Der Piraten-Abgeordnete Christopher Lauer kritisiert daher, es handele sich um „Sicherheitsesoterik“. Aber zumindest für die überwachenden Beamten dürfte es ganz interessant sein, das Leben der anderen zu erforschen. SEBASTIAN HEISER

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