: Leserinnenvorwurf
Tiefschürfende Umfrage
Nach eurer tiefschürfenden Umfrage in der sonntaz vom 5./6. April, ob Muschi-Haare en vogue sind, habe ich in meiner Bewusstseinsentwicklung als Frau Riesensprünge gemacht! Dies sind, in der Tat, weltbewegende und weltverändernde Fragen für die Frauen dieses Globus!
Warum schreibt ihr nicht über den beispiellosen Genderzid in Indien, über den in der Presse nichts erscheint. Ein sensibilisiertes Bewusstsein für die immer krasser werdenden Formen der Frauendiskriminierung und Gewalt ist bestimmt nicht durch eine „Muschi-Haare-Diskussion“ zu erreichen! Ihr scheint euren Leserinnen wenig zuzutrauen! SAVITRI BRAEUCKER, Berlin
Die taz antwortet
100 Prozent rasieren sich
Liebe Frau Braeucker, danke für Ihr Lob, das freut uns. Wissen Sie, manche Menschen möchten nicht sehen, dass das große Politische, wie die Frage nach dem Umgang mit dem eigenen Körper unter dem Druck eines normativ gesetzten Schönheitsideals, sich im Alltäglichen zeigt, in Details: wie etwa einem Foto von Madonna, mit dem die Sängerin zarten Achselflaum zeigt und das viele Menschen empört und anekelt, die sich als ihre Fans verstehen. Gerade für junge Frauen gilt heute das Diktat der glatten Haut. Laut einer Studie des Medizinpsychologen Elmar Brähler rasieren sich fast 100 Prozent. Viele LeserInnen, vor allem junge, haben das auf Facebook, auf taz.de und in Zuschriften an die sonntaz diskutiert. Aber was schreibe ich Ihnen das, Sie können sich das sicher denken. Nur einige Kollegen hier meinen, Ihre netten Zeilen seien eigentlich so eine Art Vorwurf. Aber das wäre ja fast schon zynisch. Und eine Zynikerin – Sie doch nicht, oder? Wir glauben doch beide, dass Dialog und Verständigung auch über vermeintlich Altbekanntes immer wieder nötig ist. Hoffnungsvoll,
DANIEL SCHULZ, sonntaz