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GELD Wie die Inflation berechnet wird – Güter, Dienstleistungen und ihre Preise. Und: Deflation ist auch keine Lösung

VON ESTHER WIDMANN UND ULRIKE HERRMANN

Die Deutschen sind derzeit entspannt, wenn es um ihr Geld geht. Sie schätzen die Inflation auf 0,7 Prozent im Jahr, wie eine Umfrage von Unicredit zeigt. Mit diesem Gefühl liegen die Bundesbürger fast richtig: Die offizielle Inflationsrate betrug im März 1,0 Prozent. Im Februar hatte sie noch bei 1,2 und im Januar bei 1,3 Prozent gelegen.

Die Inflation wird in einem mehrstufigen Verfahren errechnet. Die Basis ist der „Warenkorb“, in den alle Güter und Dienstleistungen eingehen, die von den privaten Haushalten in Deutschland gekauft werden. Pro Monat werden über 300.000 Einzelpreise erfasst. Dabei handelt es sich um die Bruttopreise, wie sie im Laden ausgezeichnet werden. Auch die Umsatzsteuer und andere Verbrauchssteuern gehen also in die Statistik ein.

Allerdings werden die Preise nicht immer eins zu eins übernommen. Wenn zum Beispiel ein Hersteller den Preis unverändert lässt, aber den Packungsinhalt reduziert, gilt dies als Preiserhöhung. Umgekehrt wird es als Preissenkung gewertet, wenn die Qualität eines Produkts steigt, der Preis aber stabil bleibt. Dies ist bei Computern oft zu beobachten. Sind die Preise ermittelt, wird in einem zweiten Schritt gewichtet, welchen Anteil die Waren an den Gesamtausgaben eines Haushalts haben. Denn Mieten und Kosten für Nahrungsmittel fallen jeden Monat an, während Waschmaschinen oder Autos lange halten.

Einige Beispiele: Der größte Kostenblock sind die Ausgaben für Wohnung, Wasser und Energie. Sie gehen mit 31 Prozent in die Inflationsberechnung ein. Nahrungsmittel kommen auf einen Anteil von 10,3 Prozent, Tabak und Alkohol auf 3,8 Prozent. Bekleidung und Schuhe sind mit 4,5 Prozent vertreten, Ausgaben für den Verkehr mit 13,5 Prozent. Im Fachdeutsch des Statistisches Bundesamts ist dies das „Wägungsschema“.

Konsumenten freuen sich über niedrige Inflationsraten, doch die Europäische Zentralbank fürchtet, dass die Eurozone in eine Deflation rutschen könnte. Fallende Preise führen direkt in die Rezession: Kunden verschieben ihre Anschaffungen und hoffen, dass die Waren billiger werden. Firmen verzichten auf Investitionen, weil ihre Umsätze sinken. Es wäre also eine gute Nachricht, wenn die Inflationsrate steigen würde.