„Ein Signal für die Weiterbildung“

STRUKTUREN Nach sieben Jahren Pause wurde in Hamburg das Amt für Weiterbildung wieder neu gegründet. Das war im Januar 2009. Der neue Amtsleiter Thomas Schröder-Kamprad im Gespräch über erste Erfolge und weitere Ziele

■ 61, Jurist und Sozialpädagoge, leitet seit 2009 das Amt für Weiterbildung in Hamburg. Er ist seit 1981 in der Verwaltung und leitete die Landesunfallkasse. Foto: privat

INTERVIEW: KAIJA KUTTER

taz: Herr Schröder-Kamprad, das Amt für Weiterbildung wurde 2002 vom damaligen CDU-FDP-Schill-Senat einfach abgeschafft. Und dann im Januar 2009 von Schwarz-Grün wieder eingerichtet. Warum ist es doch unverzichtbar?

Thomas Schröder-Kamprad: Wer Weiterbildung für wichtig hält, und deren Bedeutung ist in der Wirtschaft unstrittig, muss diese Aufgabe in einem Amt konzentrieren. Nur so haben wir eine gute Grundlage, ihre Belange politisch durchzusetzen.

Wie hat das Amt denn die sieben Jahre überwintert?

Objektiv hatte dieser Bereich eine Schwächung erfahren. Die Neugründung des Amtes war ein klares Signal der Bildungssenatorin, dass Weiterbildung gestärkt wird.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie?

Ohne die Volkshochschule, die ja ein Landesbetrieb ist, sind es etwa 60.

Und was ist nun heute die Aufgabe Ihres Amtes?

Alle Formen von allgemeiner und beruflicher Ausbildung und Weiterbildung sowie die politische Bildung zu stärken. Wir tun all dies gemeinsam mit unseren Partnern, wie beispielsweise der Agentur für Arbeit oder dem Hamburger Institut für berufliche Bildung, dem HIBB. Ein wichtiges Thema ist der demografische Wandel. Es droht ein Fachkräftemangel. Hamburg hat zwar in den nächsten zehn Jahren keinen Schülerrückgang, wohl aber das Umland. Deswegen steht auch für unser Amt die Neugestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf, die zum Ziel hat, jeden Jugendlichen eine Ausbildung zu bieten, ganz oben auf der Agenda. Und die Menschen müssen sich darauf einstellen, sich ein Leben lang weiter zu qualifizieren.

Wie weiß ein Bürger, wann er sich bilden muss und was das Richtige für ihn ist?

Durch qualifizierte Information und Beratung. Die von uns geförderte Weiterbildung Hamburg Service und Beratung W.H.S.B. bietet hamburgweit Beratung an und betreibt mit Wisy eine umfangreiche Info-Datenbank. Das ist sehr wichtig. Hamburg ist eine Weiterbildungsmetropole mit unüberschaubarer Angebotsdichte.

Kontrollieren Sie auch die Qualität der Kursangebote?

Es gibt hier in diesem Sinne keine unmittelbare staatliche Kontrolle. Es gibt zum Beispiel die Zertifizierung in Selbstorganisation der Anbieter. Der Verein Weiterbildung Hamburg e.V. vergibt Gütesiegel und kümmert sich auch um Kundenschutz und Teilnahmebedingungen.

Wer unzufrieden ist, kann sich bei Ihnen nicht beschweren?

Wir haben keine formelle Zuständigkeit. Aber wir würden uns kümmern und Beschwerden natürlich weitergeben. Hamburg ist bewusst den Weg der Selbstorganisation von Anbietern gegangen und hat auf gesetzliche Regelungen verzichtet. Das hat sich bewährt.

Besteht nicht die Gefahr, dass die Anbieter zu unkritisch sind?

Ich glaube nicht. Die Kostenträger wie Arbeitsagentur und team.arbeit.hamburg achten schon sehr auf Qualität. Ebenso die Bürger. Für die Anbieter ist es überlebenswichtig, Qualität zu bieten.

Wie steht es um die Arbeitsbedingungen in der Weiterbildung?

Ein heikles Thema, insbesondere für kleine Anbieter. Im Weiterbildungsmarkt werden traditionell Honorarkräfte eingesetzt, um die Vielfalt abzudecken.

Wo fehlt Weiterbildung?

„Wir sind immer sehr auf Abschlüsse fixiert. Es gibt aber Kompetenzen, die ohne formale Abschlüsse erworben werden“

THOMAS SCHRÖDER-KAMPRAD

Ein Schwerpunkt ist, an Menschen heranzukommen, die nicht ohne Weiteres von sich aus Bildungsangebote wahrnehmen. Dazu gibt es unter anderem von der Volkshochschule gezielte Angebote für alle Zielgruppen, insbesondere auch für die, die für Bildung noch gewonnen werden müssen. Von W.H.S.B. gibt es einen Beratungs-Bus, um Menschen vor Ort zu erreichen. In jedem Bezirk haben wir über das Bundesprojekt „Lernen vor Ort“ einen Bildungsmanager, der sich auf Angebote und Sozialdaten konzentriert. Konkret: Harburg zum Beispiel bildet Zukunftslotsen aus, die in Einrichtungen gehen und Menschen beraten.

Was sind die nächsten Ziele?

Gerade in kleinen Unternehmen ist die Weiterbildungsquote der Beschäftigten gering. Wir haben eine Initiative gestartet, um dies zu ändern. Eine weitere Aufgabe ist, die Weiterbildungsstrukturen auf Wirtschaftsschwerpunkte dieser Stadt auszurichten. Da machen wir gerade Bestandaufnahme. Und wir wollen, dass informell erworbenes Wissen berücksichtigt wird.

Was ist darunter zu verstehen?

Wir sind immer sehr auf Abschlüsse fixiert. Es gibt aber Kompetenzen, die ohne formale Abschlüsse erworben werden. Zum Beispiel Sprachkenntnisse oder am Computer erworbenes Wissen.

Was haben Sie bisher erreicht?

Viel! Zum Beispiel: Weiterbildung wird zunehmend wichtiger genommen. Die Volkshochschule ist gut aufgestellt und hat eine hohe Akzeptanz in Hamburg. Ich freue mich auch über den Umzug der Landeszentrale für politische Bildung und des Jugendinformationszentrums und deren gemeinsamen Infoladen an der Dammtorstraße. Damit sind diese Angebote für die Hamburger noch zentraler und attraktiver.