: Nicht die Düse machen
Airbus-Werke im Norden können nicht so einfach geschlossen werden: Vertrag mit dem Bund legt fest, dass der A 380 zu mindestens einem Viertel in Deutschland produziert werden muss
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Die Zukunft der norddeutschen Airbus-Werke ist weniger gefährdet als befürchtet. Ein Produktionsanteil am Riesenflieger A 380 von mindestens 27,3 Prozent ist in einem Vertrag zwischen Airbus und der Bundesregierung im Jahr 2002 festgeschrieben worden. Am Ende des voriges Jahres lag er faktisch nur geringfügig höher: 27,5 Prozent. Das geht aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der grünen Hamburger Bundestagsabgeordneten Anja Hajduk hervor.
Deutsche Werke zu schließen, um dadurch die aktuelle Krise des Flugzeugkonzerns zu bewältigen, dürfte somit „kaum eine reale Grundlage haben“, sagte Hajduk gestern gegenüber der taz. Zumal in dem Vertrag, wie nun bekannt wurde, zwei weitere Sicherheiten eingebaut sind.
Erstens regelt die Vereinbarung, dass die Produktionsanteile im A 380-Programm „annähernd gleich“ zwischen Deutschland und Frankreich zu verteilen seien. Für Frankreich wurde als Untergrenze 28,2 Prozent vereinbart, lediglich 27,5 Prozent waren es Ende 2005. Eine Verlagerung von Arbeiten ins Hauptwerk Toulouse könnte Frankreich damit zwar verlangen – aber eben kaum aus Deutschland. Seine weiteren Werke betreibt der Konzern in Spanien und Großbritannien.
Zum zweiten regelt der Vertrag ein Darlehen der Bundesrepublik an Airbus für die Entwicklung des A 380 in Höhe von 942,61 Millionen Euro. Davon habe Airbus, so die Auskunft des Finanzministeriums, bislang 795,43 Millionen Euro in mehreren Tranchen erhalten, die restlichen 147,18 Millionen Euro noch nicht. Hajduk sieht darin ein mögliches „Druckmittel“. Es sei „zumindest gut vorstellbar“, befindet die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, die Restsumme einzubehalten, falls Airbus den deutschen Arbeitsanteil absenken wolle. Hajduk will nun von der Bundesregierung weitere Informationen erfragen, „um das zusätzliche erhebliche Finanzrisiko abschätzen“ zu können.
Der neue Airbus-Chef Louis Gallois sicherte unterdessen zu, bei einer Neuverteilung der Produktion zwischen Hamburg und Toulouse „kein Werk zu benachteiligen“. Über Pläne, einzelne andere Werke zu verkaufen, werde allerdings „pragmatisch“ entschieden werden. Die Investment-Bank Goldman Sachs hatte zuvor empfohlen, die vier niedersächsischen Standorte Buxtehude, Stade, Nordenham und Varel mit zusammen etwa 5.500 Beschäftigten zu schließen oder zu veräußern. In der deutschen Zentrale Hamburg arbeiten etwa 11.500 Menschen, im Bremer Werk weitere 3.500.
Auf der Ministerpräsidentenkonferenz gestern und heute in Bad Pyrmont wird auch darüber beraten, Anteile am Airbus-Mutterkonzern EADS zu kaufen. Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff (CDU) befürwortet einen staatlichen Einstieg. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) bekannte vor drei Tagen in einer Rede vor Unternehmern, er sei eigentlich dafür, „dass der Markt sich selbst regeln“ solle. In der globalisierten Welt allerdings, so von Beust, „ist im Interesse von Standorten reine Ordnungspolitik nicht mehr durchhaltbar“.