Europa bekommt ein abgespecktes Eliteinstitut

Die EU-Kommission legte ihren neuen Plan für ein europäisches Technologieinstitut vor. Gewünscht ist eine enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

Die Europäische Union (EU) bekommt ihr eigenes Technologieinstitut. Allerdings wird sich das EIT (European Institute of Technology) gewaltig vom US-amerikanischen MIT (Massachusetts Institute of Technology) unterscheiden, das Kommissionspräsident Manuel Barroso gern zum Vorbild gewählt hätte. Das Projekt, das spätestens im Frühjahr 2008 an den Start gehen soll, wird aus einem 19-köpfigen Vorstand und 60 Mitarbeitern bestehen. Ihr Arbeitsort steht noch nicht fest. Die eigentliche Arbeit sollen dezentrale „Wissens- und Innovationsgemeinschaften“ übernehmen, die aus bestehenden Bildungseinrichtungen, Forschungsinstituten und interessierten Unternehmen gebildet werden.

Barroso wollte ursprünglich ein eigenständiges europäisches Forschungszentrum, wo die besten Wissenschaftler der EU in enger Anbindung an die Bedürfnisse der Wirtschaft technische Lösungen austüfteln. Die Mitgliedstaaten, allen voran Nettozahler Deutschland, winkten ab. Zu groß, zu personalaufwändig, zu teuer. Die Kommission rief also Wissenschaft, Wirtschaft und Mitgliedstaaten dazu auf, ihre Anregungen und mögliche Modelle in die Diskussion einzubringen. Das Ergebnis stellte Barroso am Mittwoch vor.

Das Konzept klingt, als hätte es ihm der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Ludwig Georg Braun, in die Feder diktiert. „Wichtig ist, dass es als Kombination aus Forschung, Lehre und Innovation konzipiert wird. Hinzukommen muss eine enge Einbindung der Wirtschaft, damit das EIT zur Lösung von Europas Problemen bei der Umsetzung von Wissen und Technologien in marktfähige Produkte und Dienstleistungen beitragen kann“, sagte er im Juni vor dem Treffen der europäischen Regierungschefs in Brüssel.

In einer ersten Reaktion auf Barrosos Vorschlag regte Braun an, europaweit etwa sechs „Innovationsnetzwerke“ auszuwählen, bei denen die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft vorbildlich funktioniert. Mittelfristig allerdings müsse das EIT sich zu einer eigenen „Marke“ entwickeln, um sich von bereits bestehenden Kooperationsprojekten zu unterscheiden. Denkbar sei, dass in zehn bis fünfzehn Jahren die drei besten Wissensgemeinschaften „in eine stärker zentralisierte Struktur“ überführt werden könnten.

Bis es so weit ist, wird das EIT nicht nur gute Innovationsprojekte, sondern auch Geldgeber brauchen. Das Startkapital von 308 Millionen Euro für 2007 kommt aus dem EU-Haushalt. In der restlichen Finanzperiode 2008 bis 2013 werden voraussichtlich 2,4 Milliarden Euro gebraucht, die überwiegend aus privaten Quellen, aus dem Forschungsrahmenprogramm der EU und aus Strukturfördermitteln stammen sollen.

„Durch sein Netzwerk wird das EIT die Barrieren zwischen Forschung, Erziehung und Wirtschaft niederreißen, um Europas Innovationspotenzial freizusetzen“, prophezeit optimistisch Kommissionspräsident Manuel Barroso. Ob die Regierungen seine Begeisterung teilen, wird sich schon heute zeigen. Er wünscht sich, dass auf dem Gipfeltreffen im finnischen Lahti die Staatschefs seinem „neuem Flaggschiff für Innovation“ politische Unterstützung bekunden.

DANIELA WEINGÄRTNER