: Irgendwann trifft es jeden
Gestern tagten die deutschen Länderchefs zum Thema GEZ. Ein Blick nach Schweden zeigt: Die Ironie ist vorbei
Was wäre das für ein Schmunzeln und Augenzwinkern gewesen, wenn genau das die Story eines Werbeclips der Gebühreneinzugszentrale gewesen wäre: Eine Ministerin, fein gemacht in Amt und Würde, verkündet vor den Kameras der Welt ihren Rücktritt: „Ja, ich habe eine Schuld auf mich geladen“, gesteht sie unter Tränen. „Ich habe sechzehn Jahre lang keine Rundfunkgebühren bezahlt.“ Dann der Überblender, grelle Schrift auf schwarzem Grund: „Irgendwann trifft es jeden.“
Kürzlich hat es zwei getroffen, Ministerinnen sogar. Maria Borelius und Cecilia Stegö Chilò, Handels- beziehungsweise Kulturministerin der frisch vereidigten schwarzen schwedischen Regierung sind übers Schwarzsehen gestolpert. Und über ebenso schwarz beschäftigte Kindermädchen. Vermeintliche, und diese Haltung ist tief und schichtenübergreifend verankert, Kavaliersdelikte. Verbrechen sehen anders aus.
Weshalb die Gebühreneinzugszentrale – die deutsche, nicht die schwedische – ja gerade einen anderen augenzwinkernden Clip produziert hatte. Den mit den Breakdancern, die ihren Ghettoblaster nicht angemeldet hatten. „Gebührenvorenthaltung“ ist den Menschen als moralisches Delikt nicht kommunizierbar, das wusste auch die GEZ. Weswegen sie mit diesem ironischen Filmchen wenigstens um Sympathien werben wollte. Anders als die private Filmwirtschaft übrigens, die Raubkopierern via Kinowerbung gleich mit der Gefängniskeule droht.
Nun aber kann auch die GEZ wieder auf postmoderne Ironie verzichten. Zwei schwedischen Exministerinnen sei Dank. Im nordschwedischen Kiruna, dem Sitz des staatlichen „Radiotjanst“, wurden in der laufenden Woche 8.000 neue Gebührenzahler registriert, darunter bekannte Namen aus Politik, Wirtschaft, Kultur. Eine Angst geht um.
Womöglich werden darauf auch die Ministerpräsidenten hoffen, die in Bad Pyrmont unter anderem über Rundfunkgebühren beraten. Vielleicht steigen die Einnahmen ja ganz ohne eine Gebührenerhöhung. Vielleicht vermehren sich einfach die Gebührenzahler. Denn wer weiß heute schon, ob er morgen mal Minister wird? CLEM