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Archiv-Artikel

Immer wieder sonntags

Rund um die Uhr einkaufen? Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft soll es in NRW so weit sein. Doch die Kirchen fürchten um den Sonntagsschutz – und fordern eine Präzisierung des Gesetzestextes

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft soll es so weit sein: Einkaufen rund um die Uhr. Jeden Tag. Außer an Sonntagen. So sieht es der Gesetzesvorschlag von NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) vor. Obwohl Sonntage ausgenommen sind von der Regelung, sehen nun die Kirchen im Land den Sonntagsschutz in Gefahr. Der Grund: Die berühmte Ausnahme von der Ausnahme. Denn Läden, „die überwiegend Waren zum sofortigen Verzehr“ oder „Gebrauch“ feilbieten, sollen auch an Sonntagen öffnen dürfen. Den Kirchen passt das allerdings gar nicht.

Prälat Karl-Heinz Vogt, Leiter des katholischen Büros in Düsseldorf, befürchtet, Einzelhändler könnten das „pflaumenweich“ formulierte Gesetz für sich auslegen. „Was heißt denn zum sofortigen Gebrauch?“, fragt Vogt. Wenn es regne, falle darunter auch ein Schirm. Es könnten also sonntags immer mehr Waren angeboten, immer mehr Läden geöffnet werden. Der Sonntag sei aber ein Tag zur „seelischen Erhebung“ – wer arbeiten müsse, sagt Vogt, habe dazu keine Gelegenheit.

Ginge es nach den Kirchen, müssten Geschäfte selbst samstags um 18 Uhr schließen. Um einen „effektiven Schutz des Sonntags“ zu sichern. Das sagt Vogts evangelischer Kollege, Kirchenrat Rolf Krebs. Und Vogt stimmt ihm zu: „Wenn jemand samstags bis Mitternacht arbeiten muss, ist der Sonntag für ihn gelaufen.“ Deshalb haben die Kirchenvertreter bei einer Expertenanhörung im Landtag gefordert, den Gesetzestext zu präzisieren. Kein anderes Bundesland sei so liberal wie NRW, kritisiert Vogt.

Dabei haben die Kirchen einen Verbündeten in der Landesregierung: die CDU. Als sich eine Volksinitiative vor einem Jahr für die Sonntags-Öffnung von Videotheken einsetzte, lehnten die Christdemokraten den Vorschlag ab. Das „C“ im Parteinamen verpflichtet: Es entspreche nicht dem christlichen Parteiverständnis, wenn Betriebe sonntags geöffnet hätten, hieß es damals. Auch heute halten die Christdemokraten an dieser Sichtweise offiziell fest. Auch wenn es zur aktuellen Kritik lediglich heißt, man werde die Anregungen der Experten in die Beratungen aufnehmen und den Gesetzentwurf gegebenenfalls anpassen.

Wenn nicht noch der Koalitionspartner FDP dazwischen funkt: Der beteuert zwar, mit der CDU auf Kurs zu sein, bewies aber schon bei der Videotheken-Frage das Gegenteil. Selbst mit rumpelnden Waschstraßen hätten die Freidemokraten an Sonntagen kein Problem. Im Gegensatz zu den Gewerkschaften: Die halten generell nichts von der Aufhebung des Ladenschlusses. Die schaffe nicht, wie angekündigt, neue Arbeitsplätze. Zudem sei der Arbeitnehmerschutz gefährdet, weiß Gerd Walter aus dem Verdi-Landesverstand: „Nachtarbeit belastet ganz besonders.“ Na, dann: Frohe Weihnachten.