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Archiv-Artikel

Sperrstunde für lippischen Partylöwen

Der Chef des Landesverbandes Lippe muss vorerst gehen, weil er seinen 50. Geburtstag und die Hochzeit seiner Tochter nicht selbst zahlen wollte. Erst eine absurde Nachsitzung auf Schloss Brake bringt den Rücktritt

LEMGO taz ■ Am Morgen danach will sich Joachim Bünemann nicht zu der Affäre äußern, die seinen Namen trägt. Der SPD-Politiker und Vorsteher des Landesverbandes Lippe ist dabei, seinen Schreibtisch zu räumen. Von nun an übernimmt sein Stellvertreter die Geschäfte des Kommunalverbandes, der das Vermögen des ehemaligen Landes Lippe verwaltet. Am Donnerstagabend hat Bünemann bekannt gegeben, seine Amtsgeschäfte bis zum Abschluss eines Disziplinarverfahrens ruhen zu lassen. Damit hat er die vorläufige Konsequenz aus der seit mehreren Wochen schwelenden Affäre um mit Steuergeldern bezahlte Privatparties gezogen (taz berichtete).

Bünemann soll die Hochzeit seiner Tochter im Jahr 2001 und seinen 50. Geburtstag im Jahr 2002 auf Kosten einer Hotel- und Gaststättenbetriebsgesellschaft abgerechnet haben, die eine Tochtergesellschaft des Landesverbandes ist. „Möglicherweise gab es auch noch eine dritte Essenslieferung kurz danach“, sagt der Paderborner Oberstaatsanwalt Horst Rürup. Die Kosten für Hochzeit und Geburtstag sollen als Werbungskosten für ein von der Gesellschaft betriebenes Hotel gebucht worden sein. Inzwischen hat Bünemann Geld zurückgezahlt.

Die Paderborner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Vorteilsnahme im Amt und Untreue. Auch das NRW-Innenministerium hat sich eingeschaltet und ein Disziplinarverfahren eingeleitet. „Wenn sich der Verdacht erhärtet, kann das in letzter Konsequenz zu einer Entfernung aus dem Dienst führen“, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums der taz. In der aktuellen Entwicklung sei jetzt der Landesverband als Dienstherr gefragt.

Die Fraktionen von Grünen und CDU hatten Bünemann zuletzt in einer Verbandsversammlung Ende September aufgefordert, sein Amt vorläufig ruhen zu lassen. Als er sich mit der Begründung weigerte, dass dies einem Schuldeingeständnis gleich käme, verließen die Abgeordneten beider Fraktionen den Saal.

Am Donnerstagabend kam es jetzt zum vorläufigen Showdown im Schloss Brake in Lemgo, dem Sitz des Landesverbandes. Grüne und CDU hatten im Vorfeld angekündigt, einen Abwahlantrag gegen Bünemann zu stellen. Der hatte daraufhin mit rechtlichen Schritten gedroht. In dieser verfahrenen Situation kommunizierten die Fraktionen und der Verbandschef dann im Verlauf des Abends nur noch per Bote. Ein Jurist pendelte zwischen Chef-Büro und Sitzungsraum. „Wir haben ihn gar nicht gesehen“, sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Annette Paschke-Lehmann. Schließlich habe Bünemann angekündigt, sein Amt vorläufig ruhen zu lassen. „Auf Grund der öffentlichen Diskussion über meine Person, durch die inzwischen auch die Institution Landesverband Lippe Schaden zu nehmen droht, habe ich mich entschlossen, mich vorläufig bis zur Beendigung des gegen mich laufenden Disziplinarverfahrens der Führung meiner Amtsgeschäfte zu enthalten“, heißt es in seiner Stellungnahme.

Bei den Mitgliedern der Verbandsversammlung stieß diese Erklärung auf Zustimmung. „Ich bin erleichtert“, sagte die Grüne Paschke-Lehmann. Für die Mitarbeiter des Landesverbandes sei die Situation belastend gewesen. In den Augen des stellvertretenden Verbandsvorstehers, Hans-Joachim Niehage (CDU), war die Entscheidung Bünemanns überfällig. „Den jetzigen Zustand hätten wir auch schon vor Wochen haben können“, monierte er. Im Innenministerium wartet man unterdessen auf eine Erklärung Bünemanns. „Er kann sich innerhalb einer Frist von drei bis dreieinhalb Wochen äußern“, heißt es. KATHARINA HEIMEIER