: Dialoge auf Papier
JUBILÄUM Seit zehn Jahren würdigt das Oldenburger Horst-Janssen-Museum die Beziehung des Grafikers zur Stadt im Nordwesten. In Zukunft will es wachsen
In Hamburg wurde er geboren, verbrachte er den Großteil seines Lebens, arbeitete und verstarb er 1995. Das einzige dem Grafiker Horst Janssen gewidmete Museum allerdings steht – im niedersächsischen Oldenburg. Weniger überraschend, als es zunächst scheint: Tatsächlich hatte der Künstler eine starke emotionale Bindung zu der Stadt im Nordwesten: Hier verbrachte er seine Kindheit, hier wurde er drei Jahre vor seinem Tod zum Ehrenbürger ernannt und später, auf eigenen Wunsch, bestattet.
Was mancher als leicht provinziellen Standort ansehen mag, dem Museum hat es nicht geschadet: Wenn es an diesem Wochenende zehnjähriges Bestehen feiert, hat es sich längst einen Platz in der bundesweiten Kunstmuseenlandschaft erkämpft.
Ohne den Oldenburger Unternehmer Claus Hüppe und die nach ihm benannte Stiftung hätte das Museum wohl kaum realisiert werden können – es habe in der Museumsfrage durchaus einen Dualismus mit Hamburg gegeben, erinnert sich Michael Kroos, Vorsitzender des Freundes- und Fördervereins: Der 2009 verstorbene Mäzen hatte 1995 die Janssen-Sammlung der Hamburger Familie Vogel erworben – rund 1.800 Blätter – und damit den Grundstock des Museums. Obendrein beteiligte sich Hüppe an den Baukosten von insgesamt knapp 12 Millionen Mark.
Zehn Jahre nach der Eröffnung durch den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, dürfte das wichtigste Geburtstagsgeschenk des erfolgreichen Hauses darin bestehen, dass in dieser Woche der 500.000 Besucher begrüßt werden konnte. Nicht selbstverständlich für ein Museum mit diesem Konzept: „Sich auf Grafik und Druck zu konzentrieren, mag zunächst einschränkend wirken“, sagt Jutta Moster-Hoos, seit Beginn wissenschaftliche Leiterin des Museums. „Wir haben aber zeigen können, was für ein großer Kosmos das eigentlich ist.“
Dafür sorgten neben der Dauerausstellung mit wechselnden Arbeiten Janssens auch namhafte Gastspiele: Arbeiten von Henri de Toulouse-Lautrec, Jörg Immendorff, Andy Warhol und zuletzt Pablo Picasso fanden ihren Weg nach Oldenburg. Insgesamt 37 Sonderausstellungen präsentierte das Haus zu Künstlern, deren Schaffen im Dialog zu Janssens eigenem Werk gesehen wird. So standen bei der Picasso-Ausstellung Lithografien und Radierungen im Mittelpunkt, andere nahmen sich der Beziehungen Janssens zu Goya oder Rembrandt an, im kommenden Jahr folgen die Romantiker.
Dabei berücksichtigt das Museum auch die Gegenwartskunst: Es ist Teil des „International Print Networks“, vergibt alle drei Jahre den Horst-Janssen-Grafikpreis an Nachwuchskünstler und zeigt ab Dezember die erste Sigmar-Polke-Ausstellung seit dessen Tod im Juni. „Und das in Oldenburg“, sagt Direktor Friedrich Scheele nicht ohne Stolz.
Der Erfolg und der gewachsene Anspruch eines „Internationalen Grafikmuseums“ bedeutet künftig aber auch neue Herausforderungen: Weder der zur Verfügung stehende Platz noch die Personalzahl seien adäquat, um das Haus gezielt weiterzuentwickeln, sagt Scheele: „Nach meinem Verständnis muss eine solche Einrichtung wachsen.“ Das ist nicht nur baulich schwierig: Das Haus wurde auf einem vergleichsweise kleinen Grundstück an das Stadtmuseum herangebaut, mit dessen historischen Villen und Anbauten es seither ein bauliches Ensemble bildet – von den Oldenburgern bescheiden „kleine Museumsinsel“ genannt.
Vor allem bei der öffentlichen Finanzierung aber sehen die Aussichten, wie eigentlich überall im Land, eher düster aus. Da hört Scheele es gerne, dass Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) sich gerade wieder zur Kulturförderung bekannt hat. Aber wird das Museum auch davon profitieren? „Wir stehen vor großen Aufgaben.“ MAIK NOLTE
Zum Jubiläum gibt es am Samstag kostenlose öffentliche Führungen. Heute bereits wird die Jubiläumspublikation „10 Jahre Horst-Janssen-Museum Oldenburg“ vorgestellt