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Archiv-Artikel

Stadtschloss ohne Berlin

Weil das Land seinen Anteil am geplanten Humboldt-Forum streicht, ist die gesamte Finanzierung in Gefahr. Der Bund oder mehr Private müssen dafür einspringen, fordern jetzt die zukünftigen Nutzer

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Vielleicht sollte man ein Moratorium zum Abriss des Palastes der Republik beschließen. Vielleicht sollte sich das Land Berlin bald eine Alternative – wie etwa den White Cube, Museum für moderne Kunst – für den Schlossplatz überlegen. Auf jeden Fall sollten die Berliner sich keinen Illusionen hingeben, dass ihr einstiges Stadtschloss bald wieder als sogenanntes Humboldt-Forum auferstehen wird.

Mit der jüngsten Entscheidung des Senats, seinen 25-prozentigen Anteil an den Kosten der geplanten Schlossrekonstruktion zu streichen, rückt die Realisierung des Bauwerks in weite Ferne. Experten sprechen gar vom möglichen Aus für das Humboldt-Forum. Ist es doch schwer vorstellbar, dass der Bund – der jährlich schon 340 Millionen Euro für die Berliner Kultur bereitstellt – die Mehrausgaben einfach übernimmt.

Die Koalitionsrunde aus SPD und Linkspartei.PDS hatte am Montagabend neue Sparziele vorgestellt. Es wurde vereinbart, dass der Berliner Anteil von 25 Prozent an dem ca. 800 Millionen bis 1 Milliarde Euro teuren Bauvorhaben an der Stelle des Palasts der Republik zurückgenommen wird. Nach Ansicht des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) müsse dafür der Bund „noch mehr in seine Verantwortung für die Hauptstadt genommen werden“.

Nach einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2005 ist bis dato vorgesehen, dass für das Humboldt-Forum mit seinen musealen, bibliophilen und kommerziellen Einrichtungen der Bund weit über die Hälfte der geschätzten 800 Millionen Euro tragen sollte, Berlin ein Viertel und den Rest der Stadtschloss-Förderverein neben anderen privaten Investoren. Die Fassade soll nach einem Beschluss des Bundestags 2002 im barocken Schlossgewand errichtet werden.

Während gestern aus dem Bundesbauministerium keine Reaktion auf die neue finanzielle Situation zu erhalten war, spielt Berlin kräftig den Ball in Richtung Bund. Manuela Damianakis, Sprecherin der Berliner Bauverwaltung, bestätigte nicht nur den Investitionsrückzug des Landes, sondern forderte den Bund dazu auf, einzuspringen. Dass das Projekt aufgegeben wird, konnte sie sich nicht vorstellen. „Ich denke nicht, dass der Bund nach seinem bisherigen Engagement eine solch zentrale Fläche einfach liegenlässt“, sagte sie der taz.

Claudia Lux, Generaldirektorin der Berliner Zentral- und Landesbibliothek, die neben den großen Sammlungen des Ethnologischen, Indischen und Ostasiatischen Museums zweitgrößter Nutzer mit 3,2 Millionen Medien sein soll, fordert für das Humboldt-Forum „neue Entscheidungen, die auf den Weg gebracht werden müssen“. Zum einen müsse mit dem Bund über die Erhöhung seines Anteils gesprochen werden, zum anderen sollte Berlin die Grundstücke vor Ort in das Geschäft mit einbringen. Eine leere Mitte ohne Bibliothek wäre auf die Dauer für den Platz problematisch, so Lux.

Christine Schniedermann, die Sprecherin der Humboldt-Universität, die im Bauwerk Ausstellungsräume für ihre Sammlungen erhalten soll, rief auch den Bund auf, die Planung zu sichern. Außerdem müsse alles getan werden, private Geldgeber zu Beiträgen zu animieren. Wilhelm von Boddien vom Förderverein sagte der taz, aus seiner Sicht sei die Rekonstruktion nicht gefährdet. Das Vorhaben sei zu wichtig für das Land.