: Immer öfter sonntags
Hamburgs Lokalzeitungen drängen auf den Sonntags-markt: Hat Springers „Abendblatt“ die Nase vorn?
Eigentlich sollte es ein Abwehrkampf in der Hamburger Morgenpost sein: Mit der Einführung einer zusätzlichen Sonntagsausgabe und damit größerem Personalbedarf wollte man abwenden, dass bei der Boulevardzeitung 12 Volontärs- und befristete Redakteursstellen nicht mehr besetzt werden. Die Sparmaßnahmen waren von Neubesitzerin BV Deutsche Zeitungsholding, die dem britischen Finanzinvestor David Montgomery gehört, angedroht worden. Nun kommt es an diesem Wochenende wohl zu einem Abwehrkampf gegen die Hamburger Morgenpost: Lokalkonkurrent Hamburger Abendblatt von Springer soll bereits am kommenden Sonntag mit einer eigenen siebten Ausgabe auf den Markt drängen.
Das Abendblatt würde damit der kleinformatigen Morgenpost nicht nur um eine Woche zuvorkommen, es würde ihr auch in Sachen Format Konkurrenz machen. Branchengerüchten zufolge soll das Sonntags-Abendblatt ebenfalls in Tabloid-Größe erscheinen. Weitere Gemeinsamkeit ist, dass sich beide Hamburger Blätter für ihre zusätzlichen Ausgaben bei Schwesterzeitungen aus Berlin bedienen sollen. Die Hamburger Morgenpost kann auf Unterstützung vom auch zur BV Deutsche Zeitungsholding gehörenden Berliner Kurier zählen, das Abendblatt wiederum soll auf die Ressourcen der bereits siebentägig erscheinenden Berliner (!) Morgenpost zurückgreifen können.
Ob es zwischen den beiden neuen Hamburger Sonntagszeitungen tatsächlich zu einem Verdrängungswettbewerb kommt, hängt maßgeblich von der Ausrichtung des Sonntags-Abendblatts ab. Bislang überschneiden sich die KäuferInnengruppen der beiden Zeitungen kaum. Mit 255.149 verkauften Exemplaren im dritten Quartal 2006 liegt das Abendblatt wie eh und je komfortabel vor der Morgenpost (111.234 verkaufte Exemplare im selben Zeitraum). Viel zu räubern hätte das Abendblatt also nicht – es sei denn, es wollte auf mehr Boulevard setzen. Dagegen spricht aber die Kooperation mit der Berliner Morgenpost, die werk- wie sonntäglich arg hüftsteif daherkommt.
Frischer Wind in der Abendblatt-Redaktion ist aber dringend nötig: In den letzten zwei Jahren ist die Auflage um rund 25.000 Exemplare gefallen, während die Morgenpost kaum Verluste verzeichnete. Trotzdem ist das verlegerische Risiko bei der Sonntags-Morgenpost größer: Ohne den Rückhalt einer starken Abonnentenstruktur ist es mehr als fraglich, ob die Mopo auf besonders vielen Sonntagsfrühstückstischen landen wird. Auch im Verlag ist man da skeptisch: Das Auslaufenlassen der zeitlich befristeten Stellen ist nur bis Ende Juni 2007 ausgesetzt. Spätestens bis dahin muss sich die Sonntags-Morgenpost behauptet haben. HPI