: „Man muss den Job wirklich wollen, um durchzuhalten“
DIE FRISEURIN Den ganzen Tag stehen, kaum Pausen: Die ausgebildete Friseurin Simone Bergmann bekommt 8 Euro pro Stunde
■ 25, ist in Ravensburg geboren und aufgewachsen. Ihre dreijährige Ausbildung als Friseurin hat sie in ihrer Heimatstadt absolviert, weitere drei Jahre hat sie danach dort gearbeitet. Mittlerweile lebt sie in Berlin und arbeitet als Angestellte in einem Friseurgeschäft in Friedrichshain.* Name geändert
Es war immer mein Traum, Friseurin zu werden. Nach meinem Realschulabschluss habe ich deshalb 2007 eine Ausbildung in diesem Beruf in Ravensburg begonnen, in einem stadtbekannten Laden. Ich war sehr glücklich, als ich nach drei Jahren übernommen wurde, und habe weitere drei Jahre im selben Laden gearbeitet. Die Bezahlung war auch gut, 2.000 Euro brutto.
Dann jedoch wollte ich raus aus meiner Heimatstadt und unbedingt nach Berlin. Seit einem Jahr lebe ich nun hier. Natürlich wollte ich hier weiter meinem Beruf nachgehen. Ich war schon überrascht, wie wenig Friseuren hier durchschnittlich gezahlt wird. Ein Vorstellungsgespräch hatte ich zum Beispiel in einem Laden in Hellersdorf, der monatlich nur 800 Euro zahlen wollte – einer ausgebildeten Friseurin! Da bin ich aufgestanden und gegangen.
Jetzt arbeite ich in einem schönen Laden in Friedrichshain. Anfangs habe ich knapp über 1.000 Euro brutto bei 38 bis 40 Stunden die Woche verdient. Gerade das erste halbe Jahr im Job war wirklich schwer. Da habe ich zusätzlich vom Amt gelebt. Ich war ja neu hier, hatte noch keinen Kundenstamm. Die Bezahlung hat einfach nicht gereicht. Eine eigene Wohnung konnte ich mir nicht leisten.
Mehr Kunden, mehr Geld
Als ich mir einen gewissen Kundenstamm erarbeitet hatte, hat mir meine Chefin auch ein höheres Gehalt bezahlt. Mittlerweile komme ich auf etwa 1.300 Euro. Das entspricht einem Stundenlohn von knapp über 8 Euro. Vom Amt jedenfalls muss ich nichts mehr beziehen.
Ich kann nur sagen: Man muss diesen Job wirklich wollen. Sonst wird es schwer, durchzuhalten. Wir hatten hier zum Beispiel im letzen halben Jahr vier Azubis – die allesamt ihre Ausbildung abgebrochen haben, auch aus finanziellen Gründen.
Und trotzdem würde ich sagen, dass ich hier in einem gesunden und soliden Laden arbeite. Es gibt zwar Monate, in denen nichts los ist und in denen es dann wirklich schwer wird. Aber im Grunde kommen wir hier am Ende des Monats doch ganz gut raus.
Wenn man mit Kollegen über die Bezahlung redet, ist die einhellige Meinung: Für das, was man leistet – den ganzen Tag stehen, kaum Pausen, kaum Aussicht auf steigendes Gehalt – ist die niedrige Bezahlung nicht gerechtfertigt.
Den Mindestlohn halten die meisten übrigens auch für zu gering. Aber irgendwann ist man die Diskussion darüber einfach nur noch leid. Arbeiten zu können und seinen Lebensunterhalt halbwegs bestreiten zu können: Das reicht den meisten.
PROTOKOLL: BARAN KORKMAZ