Steuer weniger öko

Union und SPD lassen Ausnahmen weiter gelten und legen Zwangsquote für Biosprit in Diesel und Benzin fest

BERLIN taz ■ Die große Koalition weitet die Rabatte für die Industrie auf die Ökosteuer aus. Über den Weg eines Gesetzes über Biokraftstoffquoten haben die Abgeordneten von Schwarz-Rot gestern im Bundestag beschlossen, künftig auch Herstellern von Zementplatten und mineralischen Dämmstoffen einen 60-Prozent-Rabatt auf die Ökosteuer zu gewähren. Der Einsatz von Heizöl, Erdgas und Flüssiggas soll im produzierenden Gewerbe generell mit einem Rabatt von 60 Prozent auf alle Energiesteuern belohnt werden. Grünen-Fraktionsvize Reinhard Loske sagte der taz: „Mit dem Gesetz wird die Ökosteuer faktisch abgeschafft.“

Zusätzlich wird der sogenannte Spitzenausgleich verlängert. Mit dem Spitzenausgleich bekommen Unternehmen, die mehr Energiesteuern zahlen, als sie durch die mit den Ökosteuereinnahmen gesenkten Rentenbeiträge einsparen, die Differenz zu 95 Prozent erstattet. Diese Regelung hatte noch Rot-Grün auf Druck der Europäischen Union bis zum 31. Dezember diesen Jahres befristet. Die jetzige Verlängerung steht unter dem Vorbehalt einer Genehmigung durch die EU.

Im Jahr 1999 ist die Ökosteuer von der rot-grünen Regierung verabschiedet worden. Ziel war es, Energie teurer zu machen, um den Energieverbrauch zu senken. Mit den zusätzlichen Einnahmen wird seitdem versucht, den Rentenbeitrag stabil zu halten, also die Lohnnebenkosten zu entlasten.

Im gleichen Gesetz legte der Bundestag gestern die Beimischungsgrenzen für Biosprit in Diesel und Normalbenzin fest. Dazu ist die Bundesregierung nach einer Richtlinie der Europäischen Union verpflichtet. Nach dem Gesetz müssen im kommenden Jahr 1,2 Prozent Biosprit beigemengt werden, im Jahr darauf sind es 2,8 Prozent. Damit soll die Industrie Zeit bekommen, sich an die neuen Regeln anzupassen. Ursprünglich war in den ersten beiden Jahren eine Zweiprozentgrenze vorgesehen. Der Wert wird bis zum Jahr 2010 auf 6,75 Prozent steigen, ein Prozent mehr, als von der EU verlangt. Für die Erhöhung der Quote hatte sich die Union eingesetzt.

Loske hält diesen Teil des Gesetzes prinzipiell für richtig. Es gebe Biosprit, der etwa aus Rapspflanzen gewonnen wird, eine „mittelfristige Perspektive“. Problematisch sei hingegen, dass zugleich die Steuerbegünstigung für Biokraftstoffe generell wegfalle, was sie teurer mache. Die Bundesregierung erhofft sich von der Neuregelung Mehreinnahmen in Höhe von 4,3 Milliarden Euro bis zum Jahr 2010.

Mit der Zwangsquote läge zudem die Nachfragemacht allein bei den großen Mineralölkonzernen. „Es besteht die Gefahr einer Monopolisierung“, sagte Loske. Und diese Marktmacht können die Konzerne auch bei ihrem Einkauf nutzen, zum Beispiel für billigen Biosprit aus Asien. Das träfe nicht nur die Kleinbauern in Deutschland, die sich mit Rapsanbau ein Zubrot verdienen, sondern hätte auch ökologische Nachteile. Loske prophezeit, dass in den Entwicklungsländern Monokulturen angelegt und brandgerodet werden, um genügend Ölpflanzen für den Biospritmarkt anbauen zu könne. „Wir brauchen internationale Vereinbarungen, die das verhindern“, sagt Loske.

THORSTEN DENKLER