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Archiv-Artikel

Diplomatische „Generalin“

Einen unerwartet originellen, ja romantischen Aspekt muss man dem Duo Sarkozy/Fillon bei der Bildung des neuen Kabinetts zubilligen. Die Liebe halte Einzug in die neue Regierung, meinte schmunzelnd ein französischer Fernsehreporter. Die Außenministerin, Michèle Alliot-Marie, und der neue Minister für das Parlament, Patrick Ollier, werden nicht nur als UMP-Parteikollegen in der Regierung politisch eng zusammenarbeiten, sie sind auch als langjährige Lebenspartner liiert. Doch kein Macho wird behaupten können, dass „MAM“ ihre politische Karriere etwa ihrem Lebensgefährten verdanke. Sie zählt in dieser Regierung zu den erfahrensten Mitgliedern.

MAM wurde 1946 in Villeneuve-le Roi im Tal der Marne in eine politische Familie geboren. Ihr Vater Bernard Marie war lange Jahre Bürgermeister von Biarritz. Bevor sie in die nationale Politik eintrat, verdiente Alliot-Marie sich die ersten politischen Sporen in der Kommunalpolitik. 1986 wurde die Juristin, die über einen Doktortitel in Jura und Politische Wissenschaften sowie einen Masters in Ethnologie verfügt, als Abgeordnete in die französische Nationalversammlung gewählt. 1993 wurde sie erstmals Ministerin für Jugend und Sport. Als erste Frau in Frankreich übernahm sie 2002 – übrigens meistens in elegantem Hosenanzug – den Posten der Verteidigungsministerin unter Präsident Jacques Chirac, zu dessen engsten Vertrauten sie stets zählte. Sie schaffte es, sich mit einem betont autoritären Auftreten in kürzester Respekt zu verschaffen. Ihr Spitzname „die Generalin“ fand schnell den Weg aus den Offiziersmessen in die Medien. Bei zahlreichen Truppenbesuchen im Auslandseinsatz zögerte sie nie, in passender Militärkleidung aufzutreten.

Im Jahre 2007 zog sie eine geplante Kandidatur als gaullistische Präsidentschaftskandidatin zugunsten von Nicolas Sarkozy zurück. Dass dieser seiner populären Konkurrentin nach der Wahl zum Präsidenten das Innenministerium übergab, war ein Zeichen des Vertrauens und der Kontinuität. Als Exjustizministerin und jetzt als Außenministerin gehört sie zu den gaullistischen Eckpfeilern in der Regierung ihres Parteifreunds François Fillon. RUDOLF BALMER