: Der Letzte macht das Licht aus
Nach 23 Jahren wird das Bürgerhaus Wandsbek geschlossen. Kulturgruppen und Vereine stehen auf der Straße
Recht vage hat es der Senat formuliert, 2005, in einem Papier zur aktiven Stadtteilentwicklung: Man sei in den Bezirken und Quartieren bestrebt, „Nutzungen zu finden, die für das gesellschaftliche und kulturelle Leben interessant sind“. So weit die Theorie. In diesem Jahr nun befand die Bezirksverwaltung Wandsbek das 1983 gegründete Bürgerhaus für weniger „interessant“ und kündigte dem gemeinnützigen Verein Bürgerhaus Wandsbek e. V. zum 31. 12. den Mietvertrag. Das Grundstück an der Wandsbeker Allee 55 ist zum Verkauf ausgeschrieben – Mindestgebot: 4,4 Millionen Euro.
Der Vereinsvorsitzende Axel Kaiser bedauert zwar die Schließung, sagt aber auch, dass der Bezirk keine andere Möglichkeit gehabt habe: „Das Bürgerhaus läuft nicht von alleine.“ Weil der Vorstand zurücktreten wollte, hätten andere Freiwillige gewonnen werden müssen. Auf den Versammlungen habe sich aber kaum jemand nach vorn gedrängt. Auch Wandsbeks Bezirksamtleiter Gerhard Fuchs will keine Alternative gesehen haben. Eine notwendige Modernisierung und Verjüngung innerhalb der Vereine habe nicht stattgefunden. Dadurch sei die Nutzung zurückgegangen: Irgendwann, so Fuchs, „kommen die alten Damen eben nicht mehr zum Häkeln ins Bürgerhaus, sondern bleiben zu Hause“.
Die Gruppen die das Haus nutzen, tun diese Argumentation als fadenscheinig ab. Es werde sich eines Klischees bedient, um die Kündigung, den Verkauf und den zu erwartenden Abriss zu legitimieren. De facto habe die Nutzung vielmehr zugenommen. „Es gibt in Wandsbek ja kaum mehr Kultur- und Freizeitangebote“, sagt Carsten Jusseit. Er ist 22, ehrenamtlicher Mitarbeiter und DJ der „Plattenkiste“. Die lockt achtmal im Jahr durchschnittlich 200 Besucher an.
Trotz einer nur geringen Mietunterstützung durch den Bezirk versuchten die Vereine das Bürgerhaus zuletzt im Rahmen der Möglichkeiten zu modernisieren. Ein Internetcafé war geplant, eine eigene Homepage gibt es schon länger. „Hier opferten so viele Menschen ihre Freizeit. Die meisten, die mit Ideen und Engagement herkamen, die blieben auch“, sagt Jusseit. Von der Bezirksverwaltung jedoch habe sich nie jemand vor Ort ein Bild gemacht.
Viele Gruppen stehen nun vor der Auflösung. Einen Umzug in Kulturhäuser in Sasel, Jenfeld oder gar Schnelsen schließen viele Gruppen aus: Man könne eine „solch weite Anreise den älteren Teilnehmern nicht zumuten“, sagt Herbert Peuster vom Square Dance Club Pluspunkte, mit über 60 Mitgliedern einer der beliebtesten Vereine. ANDREAS BOCK