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Zurück in U-Haft

Mord im Braunschweiger Rotlicht-Milieu: Das Verfassungsgericht hebt Urteil wegen formaler Fehler auf

Ein spektakulärer Zuhältermorde in Braunschweig muss nach sechs Jahren neu aufgerollt werden. Obwohl der Bundesgerichtshof 2001 das Urteil des Landgerichts Braunschweig auf lebenslange Haft für fünf Hamburger Zuhälter wegen Mordes an dem griechischen Bordellbetreiber Elefterios Varlamis bestätigt hatte, hob das Bundesverfassungsgericht das Urteil nun wegen formaler Fehler auf. Da zwei der Beschuldigten türkische Staatsangehörige waren, hätte die Polizei sie bei ihrer Festnahme nach Artikel 36 des Wiener Konsularübereinkommens belehren müssen.

Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt. 1998 herrschte im Brauschweiger Rotlichtmilieu ein erbitterter Machtkampf. Hamburger Bordellbetreiber versuchten laut Polizei, das Braunschweiger Rotlichtviertel vor der lukrativen Expo unter ihre Kontrolle zu bekommen. Varlamis galt als Kopf der Brauschweiger Luden, die dieser Übernahme Paroli boten. Am 22. Juli 1998 wurde er auf der Autobahn zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel aus einem fahrenden Auto heraus erschossen.

Schon kurze Zeit später meldete die Polizei die ersten Verhaftungen. In dem ebenfalls kurz nach der Tat gefundenen Mietwagen, aus dem die tödlichen Schüsse gefallen waren, entdeckten die Fahnder Fingerabdrücke und DNA-Spuren der vermeintlichen Täter.

Das Braunschweiger Landgericht verurteilten die fünf Angeklagten in einem Indizienprozess wegen Mordes mit einer „besonderen Schwere der Schuld“, so dass eine vorzeitige Haftentlassung nicht in Betracht kommt. In der Revision vor dem Bundesgerichtshof rügte der Hamburger Anwalt Gerhard Strate, dass die türkischen Beschuldigten nicht richtig belehrt worden seien. Sie hätten nach dem Konsularübereinkommen unterrichtet werden müssen, dass sie das Türkische Konsulat hinzuziehen könnten. Da dies nicht geschehen war, sei ein Verwertungsverbot ihrer Aussagen bei der Polizei eingetreten. Auf diese hatte das das Gericht den Schuldspruch im Wesentlichen gestützt.

Das Bundesverfassungsgericht folgte nun der Verfassungsbeschwerde von Strates Kanzleikollegen Klaus Ulrich Ventzke. Da Deutschland dem Wiener Konsularübereinkommen beigetreten sei, hätte der Bundesgerichtshof die Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshof zum Übereinkommen berücksichtigen müssen. Das sei nicht geschehen. Der Bundesgerichtshof muss den Fall nun neu verhandeln. Die fünf Beschuldigten sind aus der Straf- in Untersuchungshaft zurückverlegt worden. KAI VON APPEN