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Archiv-Artikel

Galgenfrist für Wettmonopol

Karlsruhe lehnt Klage von privatem Sportwetten-Vermittler ab

KARLSRUHE taz ■ Das Bundesverfassungsgericht hat gestern die harte bayerische Linie gegenüber privaten Wettbüros abgesegnet. Das staatliche Wettmonopol dürfe weiterhin durchgesetzt werden, auch wenn die Suchtprävention des staatlichen Anbieters Oddset noch nicht perfekt sei. Während einer Übergangszeit, die erst am 31. Dezember 2007 endet, genüge es, wenn Oddset „ein Mindestmaß“ an Schutzmaßnahmen für seine Kunden verwirkliche.

Geklagt hatte ein Gastwirt aus dem bayerischen Lindau, der in seinem Lokal Sportwetten des österreichischen Anbieter TopCil vermittelte. Im Mai untersagte ihm das örtliche Landratsamt den Wettbetrieb, weil in Deutschland nur der Staat Sportwetten anbieten dürfe.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im März dieses Jahres in einer Grundsatzentscheidung das staatliche Wettmonopol unter der Bedingung akzeptiert, dass es zum Schutz der Bürger vor der Spielsucht eingesetzt wird. Es dürfe jedoch nicht nur der Sicherstellung von Einnahmen für Kultur und Sport dienen. In der Folge hat Oddset die Werbung eingeschränkt, die Aufklärung über Wettsucht verstärkt sowie Minderjährigen die Teilnahme an Sportwetten verboten.

Der Gastwirt hält diese Maßnahmen jedoch für ungenügend. Er geht davon aus, dass sie zumindest nach Europarecht nicht ausreichen, das staatliche Wettmonopol weiter zu rechtfertigen. Der Fall hätte deshalb dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt werden müssen, der bisher keine Übergangsfristen für die Verbesserung der Suchtprävention gewährt habe. Karlsruhe hat dies nun abgelehnt. Im Eilverfahren gebe es keine Pflicht, Streitfälle dem EuGH vorzulegen.

Wie gestern bekannt wurde, hat das Bundesverfassungsgericht in den letzten Wochen auch mehrere ähnliche Verfassungsbeschwerden von privaten Wettbüros abgelehnt. Das staatliche Monopol ist damit zumindest für die nächste Zeit gesichert.

Ob es den Bundesländern aber gelingt, das Wettmonopol dauerhaft zu bewahren, ist noch völlig offen. Derzeit verhandeln sie über die Novellierung des Lotterie-Staatsvertrags, der unter anderem TV-Werbung für Glücksspiele verbieten würde. Der Vertrag wird wohl nicht allzu streng ausfallen, da staatliche Lotterien wie die Süddeutsche Klassenlotterie und „Ein Platz an der Sonne“ um ihr Geschäft fürchten. CHRISTIAN RATH