BIS AUF DIE GRUNDMAUERN : Ruhe in Frieden
An Nahversorgung mangelt es am Schlesischen Tor wirklich nicht. Da ist man durchaus verwöhnt. Also war es eine mittlere Katastrophe, als eines Sonntagmorgens im Januar mein Mitbewohner S. in unserem Flur stand und eine SMS an Mitbewohner T. und mich schickte: „Netto ist abgebrannt!“ Ich hatte die Nachricht gerade geöffnet, als ich schon hörte, wie T. seine Tür aufriss und aus seinem Zimmer stolperte. „Was? Unser Netto?“ Ich sprang ebenfalls auf und lief in den Flur.
Da standen wir nun entgeistert. Was, wann, wieso? S. antwortete, er wisse es auch nicht genau, aber er wäre gegen fünf Uhr morgens in Richtung WG gegangen und hätte schon von weitem die Feuerwehrleute gesehen, die angestrengt versuchten die Flammen zu löschen. „Bis auf die Grundmauern ist der abgebrannt. Das Dach ist eingestürzt und die Köpenicker Straße ist immer noch gesperrt“, erzählt er. Ich konnte es nicht fassen. Am Tag zuvor war ich noch da gewesen. „Wo sollen wir denn jetzt einkaufen?“, fragte S. ironisch. Erst da fiel mir auf, dass die beiden Begleitungen meiner Mitbewohner neben uns standen und sich ansahen, als hätten wir einen Knall. Stimmt, aber wir hängen eben an unserem Supermarkt.
Beim ersten Kaffee fingen dann die Verschwörungstheorien an. Ein Freund habe mal erzählt, da sollten Wohnungen hin, erzählt T. Aber erst in einigen Jahren, wenn der Mietvertrag von Netto ausgelaufen ist. Konnte es da jemand nicht abwarten? Ein Grundstück an der Spree kann ja ein Anreiz sein. Wer weiß. Die Polizei ist immer noch auf der Suche nach Hinweisen. Es war Brandstiftung, so viel ist klar. Was nun wirklich mit dem Grundstück geschieht, weiß ich nicht. Im Moment liegen da noch Nettos Überreste. Lebensmittel einkaufen dauert jetzt länger, aber wir haben uns murrend damit abgefunden, dass auch andere Ketten schöne Märkte haben.SASKIA HÖDL