: Akte Kevin macht Böhrnsen fassungslos
Untersuchungsausschuss einhellig eingesetzt / 12 Abweichler bei der Wahl der neuen Sozialsenatorin Rosenkötter
So viel Beifall der Koalition für die Sprecherin der Opposition hat es lange nicht gegeben. Dabei ging es um einen Untersuchungsausschuss, der Fehler in der Arbeit der Regierung aufklären soll. Aber beim Thema Jugendamt scheinen derzeit alle einig: Einstimmig fiel auch der Beschluss zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses.
Karoline Linnert (Grüne) hatte einige Details vom gegenwärtigen Kenntnisstand berichtet, die völlig unerklärlich erscheinen lassen, warum das Jugendamt nicht eingeschritten ist. So habe schon die Klinik Bremen-Nord, in der Kevin zur Welt kam, erklärt, dass die Mutter mit der Sorge für das von Geburt HIV-infizierte Kind überfordert sei. Bernd K., der vom Jugendamt wie ein Vater behandelt wurde, war nicht der Vater von Kevin und die Vaterschaft auch rechtlich nie anerkannt. Auf der Säuglingsstation hatte er aufgrund seines Verhaltens Hausverbot bekommen.
Dennoch fand der eine erste Kontrollbesuch des Jugendamtes erst im August 2004 statt, sieben Monate nach der Geburt, angeregt durch die Polizei. Die Kinderklinik stellte wenig später „multiple traumatische Frakturen“ beim Kind fest, Entwicklungsstörungen und Anzeichen von Kindesmisshandlung.
„Warum gibt es in unserer Gesellschaft da keine Strafanzeige?“, fragte Linnert. Offenbar hätten die Drogenhelferin der Mutter und der Arzt, der Bernd K. das Methadon – und rechtswidrig auch andere Drogen – verschrieb, zu den Eltern gehalten. „Kevin gibt es als Mensch in der Akte des Jugendamtes nicht“, so Linnert. Bürgermeister Jens Böhrnsen griff das Erstaunen der Oppositions-Politikerin auf: Wenn sich bestätigen würde, dass Kevin schon Ende Juli gestorben ist, würde das bedeuten, dass die Behörde acht Wochen lang „die Akte bearbeitet hat und nicht wusste: Wie geht es dem Kind. Nicht auszuhalten diese Vorstellung“.
Im Anschluss an die Einsetzung des Untersuchungsausschusses wurde Ingelore Rosenkötter (parteilos) zur Sozialsenatorin gewählt. Ihr fehlten zwölf Stimmen aus den Reihen der Koalition. kawe