Wahlschlappe für Sozialisten in Katalonien

Gemäßigte Nationalisten siegen bei Wahlen zum Autonomieparlament. Regierungsbildung dürfte schwierig werden

Viele Immigranten fühlen sich von der katalanischen Politik ausgeschlossen

MADRID taz ■ Die Sozialisten des spanischen Regierungschefs José Luis Rodríguez Zapatero haben im nordostspanischen Katalonien eine Schlappe erlitten. Bei den Wahlen an Allerheiligen büßten sie gegenüber dem Urnengang vor drei Jahren fünf Sitze im Autonomieparlament ein und sind künftig bei 26,8 Prozent der Stimmen mit 37 Abgeordneten vertreten.

Der Koalitionspartner Republikanische Linke Kataloniens (ERC) erhält 14,1 Prozent. Das ergibt 21 Sitze für die Radikal-Nationalisten, zwei weniger als bisher. Nur der Dritte im katalanischen Regierungsbunde legte zu. Die postkommunistisch-grüne Koalition (ICV) zieht bei 9,6 Prozent mit zwölf statt bisher neun Abgeordneten ins Parlament ein.

Eindeutiger Gewinner der Wahlen ist die gemäßigt-nationalistische Convergència i Unió (CiU), die Katalonien mit Ausnahme der letzten drei Jahre seit Wiedereinführung der Demokratie ununterbrochen regierte. CiU errang mit 31,5 Prozent 48 statt bisher 46 Sitze. Die große Überraschung waren die „Bürger – Partei für Bürgerrechte“ (Ciutadans), eine Formation, die von Intellektuellen ins Leben gerufen wurde, um „dem nationalistischen Delirium“ entgegenzuwirken. Die junge Partei, die für ein zweisprachiges offenes, nicht nationalisches Katalonien eintritt, gewann drei Mandate. Die konservative Volkspartei (PP) – 10,6 Prozent, 14 Abgeordnete – verlor einen Sitz.

Das Wahlergebnis ist ein schwerer Schlag für Spaniens Regierungschef Zapatero. Die vorgezogenen Neuwahlen in Katalonien waren auf seine Initiative hin notwendig geworden. Die sozialistische Parteizentrale in Madrid zwang den Präsident der Dreiparteienregierung, den Sozialisten Pascal Maragall, ausgerechnet zum Rücktritt, als dessen Prestigeprojekt, ein neues Autonomiestatut für Katalonien, umgesetzt worden war.

Die Debatte um das Statut, das viele als zu nationalistisch empfinden, setzte Zapatero in Madrid den ständigen Angriffen der Opposition aus. Er schickte statt Maragall seinen Wirtschaftsminister José Montilla ins Rennen. Der außerhalb von Katalonien geborene Politiker sollte den Sozialisten wieder ein gemäßigteres Image verschaffen und auch bei denen Stimmen holen, die aus dem restlichen Spanien in die wirtschaftlich starke Region eingewandert sind.

Doch auch Montilla schaffte es nicht, diese Wähler zu mobilisieren. Der Erfolg der Ciutadans und die niedrige Beteiligung von 56,8 Prozent belegen das. Viele Immigranten fühlen sich von der katalanischen Politik ausgeschlossen. So nehmen an gesamtspanischen Wahlen von rund fünf Millionen Wahlberechtigten in Katalonien rund eine Million mehr Menschen teil als an Autonomiewahlen.

Zünglein an der Waage ist jetzt ERC. Mit ihrer Unterstützung könnte CiU-Spitzenkandidat Artur Mas als Chef einer rein nationalistischen Regierung gewählt werden. Im gegenteiligen Fall kann die alte Linkskoalition mit dem Sozialisten José Montilla an der Spitze trotz der hohen Verluste weiterregieren.

Zapatero scheint von dieser Idee nicht begeistert. Zu hoch war der politische Verschleiß während der letzten drei Jahre, in denen die radikalen Positionen von ERC immer mehr die Oberhand gewannen. So mancher Kommentator der spanischen Presse vermutet deshalb, Zapatero könne auf eine Große Koalition zwischen CiU und den Sozialisten setzen. Dies würde seiner Minderheitsregierung im Madrider Parlament ebenfalls mehr Stabilität verschaffen.

REINER WANDLER