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Archiv-Artikel

„Zwei Wochen sind zu knapp“

AUFRÄUMEN Die Stadtreinigung sammelt ab heute vermeintlich nicht mehr genutzte Fahrräder ein

Sascha Böttner

■ 38, hat sein Jura-Studium in Kiel absolviert, arbeitet als Strafverteidiger in Hamburg und Neumünster.

taz: Herr Böttner, ab heute muss ich befürchten, dass die Stadtreinigung mein Fahrrad entsorgt, wenn ich es länger als zwei Wochen irgendwo habe stehenlassen. Ist das nicht Diebstahl?

Sascha Böttner: Nein. Wenn der Besitzer sein Fahrrad abschließt, behält er zwar grundsätzlich das Eigentum daran. Bei der Aktion geht es den Behörden aber um jene Fahrräder, die offensichtlich niemandem mehr gehören. Um Räder also, die lange Zeit irgendwo angeschlossen waren oder nicht mehr fahrbar sind. Diese versehen sie dann mit einem Zettel und fordern den Besitzer auf, sein Fahrrad binnen zwei Wochen zu entfernen. Macht er das nicht, gilt das als Eigentumsaufgabe. Die Stadt hat also das Recht, das Fahrrad zu entsorgen.

Rund 800 Fahrräder hat die Stadtreinigung vor 14 Tagen mit diesen Zetteln versehen. Werden auch Räder entsorgt, die noch jemandem gehören?

Theoretisch ist es natürlich möglich, dass versehentlich noch benutzte Fahrräder entsorgt werden. Das Risiko gehen die Behörden ein.

Was kann ich machen, wenn mein Fahrrad der Aktion zum Opfer gefallen ist?

Theoretisch kann der Besitzer Schadenersatz geltend machen, wenn die Stadt sein Fahrrad fälschlicherweise entfernt hat. Denn bei solchen Aktionen werden die Fahrräder ja meistens direkt entsorgt und können dem Besitzer auch nicht zurückgegeben werden. Hat das Fahrrad aber keinen Geldwert mehr, gibt es auch keinen Schadensersatzanspruch. Und das trifft auf die meisten eingesammelten Räder zu. So sichern sich die Behörden ab. Teure Fahrräder werden in der Regel stehen gelassen.

Zwei Wochen lang habe ich als Besitzer Zeit, um mein Fahrrad in Sicherheit zu bringen. Halten Sie diese Frist für angemessen?

Meiner Meinung nach sind zwei Wochen zu knapp. Es kann ja sein, dass ich in dieser Zeit gerade im Urlaub bin. Außerdem scheint es mir aus behördlicher Sicht problemlos, die Frist auf einen Monat zu verlängern. Schließlich stehen die meisten herrenlosen Fahrräder ohnehin bereits seit Monaten irgendwo herum, bevor sie durch die Stadt entsorgt werden.

Einige der Räder, die längere Zeit irgendwo stehen, sind vorher gestohlen worden. Was ist mit denen?

In der Regel prüfen die Behörden, ob ein Fahrrad gestohlen wurde oder nicht. Dazu muss das Fahrrad aber registriert oder als gestohlen gemeldet worden sein. Diese Räder werden dann dem Besitzer zurückgegeben. INTERVIEW: MERET MICHEL