: Einer der ganz Mutigen
Der Journalist und Buchautor Ahmet Sik ist am Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai mit dem Unesco-Preis in Höhe von 25.000 Dollar ausgezeichnet worden. Am frühen Morgen des 3. März 2011, während die Kameras mitliefen, wurde der blass aussehende Mann mit Gewalt in ein bereitstehendes Auto gezerrt. Ahmet Sik (44) war mit Nedim Sener einer der beiden Journalisten, die den Mut hatten, sowohl die Regierung Erdogan als auch die Gülen-Bewegung zu kritisieren. Sik hatte vor seiner Verhaftung an einem brisanten Buch gearbeitet, in dem er, gestützt auf Interviews und Beweise, die „Unterwanderung des Staates“ durch die islamische Bewegung thematisierte. Seine Hard Disc wurde beschlagnahmt, alle Arbeitskopien mitgenommen. Aber es passierte etwas Unvorhersehbares: Das mit „Die Armee des Imam“ betitelte Manuskript wurde von Aktivisten ins Internet gestellt und innerhalb von Tagen millionenfach heruntergeladen. Sik saß ein Jahr in Haft. Sein Prozess läuft noch.
Sik wurde 1970 in Adana geboren und studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Istanbul. Seit 1991 hat er in liberalen und linken Tageszeitungen wie Milliyet, Cumhuriyet, Evrensel und Yeni Yüzy’l gearbeitet, für Reuters wichtige Fotoreportagen geschrieben. Weil er sich jahrelang für gewerkschaftliche Rechte einsetzte, wurde er von großen Konzernen auf die schwarze Liste gesetzt. An der privaten Bilgi-Uni in Istanbul begann er Journalismus zu lehren und gleichzeitig an seinen Büchern zu arbeiten. Mit seinen Veröffentlichungen über den sogenannten Ergenekon-Prozess, bei dem neben Offizieren und Ultranationalisten auch Regierungskritiker angeklagt wurden, fiel er den Machthabern auf. Dabei beschrieb er die Gladio-Strukturen im türkischen Staat, die erfolgreich gegen Regimegegner eingesetzt werden. So war es mehr als ironisch, dass man ihm Komplizenschaft mit den ultrarechten Ergenekon-Strukturen vorwarf.
„Ich fühle mich nicht wohl, weil Dutzende von Kollegen immer noch im Knast sitzen“, hatte er bei seiner Entlassung gesagt. „Aber am meisten schmerzt es mich, wenn meine kleine Tochter fragt, ob ich sie noch einmal verlassen werde.“ DILEK ZAPTCIOGLU