: Belebung mit Fehlern
EURO 2014 sollen die EU-Krisenländer die Rezession verlassen. Doch es gibt ein Risiko: die Ukraine
BRÜSSEL taz | Pünktlich zur Europawahl hat die EU-Kommission ein rosiges Bild der Konjunktur in Europa gemalt. Die Rezession infolge der Eurokrise sei überwunden, die Rekordarbeitslosigkeit werde leicht fallen, sagte Siim Kallas, der Währungskommissar Olli Rehn wahlkampfbedingt ersetzt. Doch die Ukraine-Krise könnte einen Strich durch die Rechnung machen.
„Wir sind auf dem richtigen Weg, nun darf niemand im Reform-Elan nachlassen“: Dies war die Botschaft, die Kallas nach fünf Jahren Eurokrise verbreitete. Auf den ersten Blick scheinen ihm die Zahlen recht zu geben. Das Wachstum in der Eurozone fällt mit 1,2 Prozent in diesem Jahr zwar noch bescheiden aus. Immerhin sollen alle Euroländer die Rezession hinter sich lassen. Sogar Griechenland soll wieder um 0,6 Prozent wachsen. „Der Aufschwung hat Fuß gefasst“, gibt sich Kallas sicher.
Allerdings hat Brüssel die Prognose für 2015 schon wieder leicht gesenkt: von 1,8 auf 1,7 Prozent. Zudem dürften Frankreich und Spanien die Defizitziele verfehlen – also ausgerechnet jene Länder, die den EU-Empfehlungen folgen und schmerzliche Sparprogramme durchziehen. Dass die Austeritätspolitik die Erholung dämpft, zeigt auch die Inflationsrate. Sie soll dieses Jahr auf 0,8 Prozent fallen, womit die Deflationsgefahr steigt.
Doch die Europäische Zentralbank will nicht gegensteuern, obwohl ihr Inflationsziel von 2 Prozent deutlich verfehlt wird. Die Währungshüter haben auch Appelle aus Frankreich und Italien zurückgewiesen, etwas gegen den relativ hohen Wechselkurs des Euro zu unternehmen. Damit zeichnet sich Stillstand in der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik vor der Europawahl ab.
Dabei schielen EU und EZB nicht nur auf die Wähler, denen vor allem Sozialdemokraten, Grüne und Linke ein Ende der Austeritätspolitik versprochen haben. Die EU-Politiker wollen sich Spielraum bewahren, falls sich die Ukraine-Russland-Krise verschärft und neue Sanktionen kommen. Das sei das größte Wachstumsrisiko, so Kallas. EU-Länder mit besonderen Beziehungen zu Russland, wie etwa Zypern, Finnland oder die baltischen Staaten, könnten darunter besonders leiden. Bei ihrem Besuch in Washington hatte Angela Merkel bereits eine neue Sanktionswelle gleich nach den Wahlen in der EU und der Ukraine Ende Mai angekündigt. ERIC BONSE