Torsten Frings, Kapitän
: Der Lautsprecher

■ 34, kam mit 20 aus Aachen zu Werder, kehrte nach Engagements bei Dortmund und Bayern dorthin zurück. Foto: dpa

Kurz vor Schluss des Spiels gegen den FC St. Pauli gab es noch eine Schrecksekunde. Torsten Frings, der neben dem dreifachen Torschützen Hugo Almeida überragende Bremer, wurde schwer gefoult. Mit einer Verletzung des Kapitäns wäre der Sieg schwer erkauft gewesen. Er ist die zentrale Figur im Werder-Spiel – die Frage ist nur, ob als Teil des Problems oder der Lösung.

Vor dem Spiel verglich St. Paulis Max Kruse beide Trainer. „Stanislawski ist der offenere Typ, Schaaf fordert mehr Eigenverantwortung. Ich bevorzuge Stani.“ Das, was Kruse anscheinend nicht mag, wird seit 25 Jahren bei Werder kultiviert: Der mündige Spieler. Schon Rehhagels letzte Truppe um Beiersdorfer, Bratseth und Rufer war eine Art selbstverwaltetes Projekt und auch Thomas Schaaf hat die meisten Konflikte von seinen Führungsspielern klären lassen. Das waren meist zurückhaltende Kommunikationstalente wie Ismaël, Bode oder Baumann.

Heute hat Werder einen Kapitän, über den es heißt, er könne alles, außer die Klappe halten. Gerade zwei Trainingseinheiten hatte der damals 20-jährige Frings in Bremen absolviert, da nannte er den Routinier Andreas Herzog „Lutscher“ – und hatte seinen eigenen Spitznamen weg. Seit er selbst Führungsspieler geworden ist, knöpft er sich in schöner Regelmäßigkeit die Jungen vor. Mit Sätzen wie: „Einige kapieren offensichtlich immer noch nicht, was es heißt, für Werder zu spielen. Hier die ganze Woche superlässig rumzulaufen und dann den Schalter umzulegen – das geht nicht so einfach.“

Sein Ansehen bei der Klubführung ist ungebrochen. „Er ist für uns ein ganz, ganz wichtiger Spieler. Er hat die Fitness, um noch ein, zwei Jahre auf diesem Level Fußball zu spielen“, sagt Klaus Allofs und überlegt sogar, Frings mit einem Jobangebot im Werder-Management zur Vertragsverlängerung zu locken.

Diese Wertschätzung hat Frings in der Nationalmannschaft längst verloren. Dort gilt der Ballack-Freund als Stinkstiefel und Macho alter Schule. Ein Blick auf Frings’ Homepage erklärt die Diskrepanz zur elegant-lässigen Löw-Welt, in der Grätschen verboten ist. Dort stilisiert er sich in Heavy-Metal-Outfit zum bösen Buben und sagt Sätze wie: „Ich schaukle nicht nur meine Eier über den Platz“ und „Am besten grätschen wir die Brasilianer schon bei der Hymne weg“. Auch in die Werder-Welt, in der man noch die leisen Töne eines Frank Baumann im Ohr hat, scheint der ruppige Führungs-Stil nicht immer zu passen.

Zuletzt bemühte der Kapitän sich sichtlich um Akzeptanz. In Tottenham, wo er gesperrt war, drehte er sich überraschend noch einmal zu den Journalisten um, als die ihm keine Frage stellten. „Was meint ihr denn?“, fragte er leise. „Ich finde, die Jungs brauchen sich nichts vorwerfen lassen.“ RALF LORENZEN

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