: Für die Energiewende
Am Samstag findet im Regierungsviertel eine bundesweite Großdemonstration statt, zu Lande und zu Wasser. Motto: Energiewende nicht kentern lassen!
■ Samstag, 10. Mai Start: 13 Uhr, Hauptbahnhof, mit einer Menschenkette auf beiden Seiten der Spree entlang des Kapelle-Ufers, zeitgleich startet die Bootsdemo auf dem Wasser, im Anschluss geht es dann als Demozug durchs Regierungsviertel
Abschlusskundgebung: 15.30 Uhr, vor der Bundesparteizentrale der CDU, Klingelhöferstraße 8
Im Netz: energiewende-demo.de
Diese Demonstration wird eine Herausforderung, schreiben die Organisatoren auf ihrer Webseite. Die großen Umweltschutzverbände mobilisieren nach Berlin und haben sich einiges vorgenommen. Zu Lande und zu Wasser wollen sie protestieren – mit einer Menschenkette entlang der Spree und zeitgleich mit einer Bootsdemo auf dem Wasser. Eindrucksvolle Bilder sind garantiert. Tausende Energiewende-Aktivist*nnen werden auf den Spreebrücken und entlang des Ufers Fahnen schwenken, während sich auf dem Wasser Protestboote tummeln. Im Hintergrund posiert das Bundeskanzlerinnenamt. Für die Protestparade auf der Spree haben sich bereits über 120 Boote angemeldet.
Inhaltlich richtet sich der Protest gegen die Pläne der Bundesregierung, die Energiewende neu auszurichten. Konkret geht es um die geplante Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, kurz EEG. Das EEG gilt als Grundlage für den Erfolg der deutschen Energiewende. Betreiber von Ökostromanlagen erhalten eine feste Vergütung, die über eine Umlage von allen Stromkunden bezahlt wird. Eine erste Vorlage für eine EEG-Novelle wird aktuell erarbeitet und soll Ende Juni im Bundestag beschlossen werden. Im Entwurf wird das Ziel, den Anteil von Ökostrom bis 2020 auf 40 Prozent zu steigern, auf das Jahr 2025 verschoben. Der Ausbau der Erneuerbaren soll in den nächsten Jahren langsamer vonstattengehen. Die Umweltschutzorganisationen kritisieren die Pläne als „Ausbaudeckel“ und werfen der Bundesregierung vor, mit massiven Förderkürzungen die Energiewende auszubremsen.
Auch Besitzer von Solaranlagen, die den Solarstrom selber verbrauchen, sollen zukünftig einen Teil der Ökostromumlage zahlen. Viele Anlagen würden sich damit nicht mehr rechnen, fürchtet der Solarverband. Ein weiterer Streitpunkt ist die Befreiung energieintensiver Unternehmen von der EEG-Umlage. Hier soll nun nachjustiert werden. Bisher wurden Unternehmen befreit, bei denen die Energiekosten 14 Prozent der Gesamtkosten betrugen. Dieser Schwellenwert soll auf 16 Prozent angehoben werden. So wird bei steigenden Energiekosten zumindest der Status quo beibehalten und der Kreis der begünstigten Unternehmen nicht weiter ausgeweitet. Über 5 Milliarden Euro wurden den Unternehmen so im letzten Jahr erlassen.
Neben der Kritik an der EEG-Novelle stehen auch die klassischen Themen der Antiatomkraft-und der Antikohlebewegung auf der Agenda. Gefordert wird, dass der Atomausstieg beschleunigt und der Kohleausstieg eingeleitet wird, Kohletagebaue stillgelegt werden und Gas nicht mittels Fracking gefördert wird. Die Energieversorgung soll dezentralisiert und demokratisiert werden und in die Hand der Bürger*nnen übergehen.
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung dürfte die Forderungen der Energiewende-Bewegung unterschreiben können. Deren Realisierung stehen aber durchaus noch handfeste ökonomische, technische und politische Hindernisse im Weg. Für einen sinvollen Ausbau der Erneuerbaren, vor allem der Windkraft, fehlen nicht nur Stromtrassen, sondern viel mehr Energiespeicher und dezentrale Ausgleichskraftwerke. Eine ganze Reihe schnell regelbarer Gaskraftwerke stehen derzeit zur Abschaltung an. Die Energiekonzerne bauen Kapazitäten ab, die im Zusammenspiel mit der Windkraft Versorgungssicherheit gewähren. Ob hier neben den ökonomischen Gründen auch ein politisches Kalkül im Spiel ist, darüber darf spekuliert werden. Womöglich wird hier der Ausstieg aus dem Atomausstieg vorbereitet. Wenn nicht nur Grundlastkraftwerke zur Abschaltung beantragt werden, sondern auch Spitzenlastkraftwerke, dann kann tatsächlich irgendwann der Punkt erreicht sein, an dem das Licht ausgehen könnte, wenn weitere AKWs vom Netz gehen sollen.
Die Energiewende-Demo wurde von der Antiatomkraft-Organisation .ausgestrahlt, dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), dem Kampagnen-Netzwerk Campact und den NaturFreunden initiiert. Neun weitere bundesweite Organisationen haben sich dem Aufruf angeschlossen, darunter auch Attac und der Nabu.
Die Abschlusskundgebung wird gegen 15.30 Uhr vor der Bundesparteizentrale der CDU starten. Neben Redebeiträgen, unter anderem von Hubert Weiger, dem Vorsitzenden des BUND, und Jochen Stay von .ausgestrahlt darf auch getanzt werden. Für die Berliner Szene gibt es Berliner Prominenz. Die Berliner Reggae/Dancehall-Band Seeed wird auf der Bühne spielen. JÖRN ALEXANDER