: Untreue leicht gemacht
URTEIL Bezirksamts- Mitarbeiterin zweigt sich 44.000 Euro ab – Bewährungsstrafe
Rock, Strickjacke und Schuhe sind schwarz, die Haare hat sie ordentlich gekämmt und zusammengebunden, eine dezente Goldrandbrille ist ihr einziger Schmuck. Mit Beate Sch. tritt am Mittwoch eine reuige Sünderin vor das Amtsgericht Tiergarten. Sie steht zu ihren Taten und verfällt nicht in Selbstmitleid. Gefasst akzeptiert die ehemalige Titelverwalterin, die beim Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf in der Abteilung Jugend, Familie, Schule und Sport für die Auszahlungen von Unterhaltsvorschussleistungen zuständig war, ihre Verurteilung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung.
Ab August 2012 hatte die 53-Jährige in 74 Fällen zwischen 18 und 900 Euro veruntreut. Insgesamt flossen rund 44.000 Euro auf ihr Bankkonto, ehe man sich dort über die vielen Überweisungen vom Land Berlin wunderte.
Schulden durch Bundestag
„Ich kann es nicht entschuldigen, ich kann nur erklären, wie ich dahin gekommen bin“, sagt die Angeklagte. Sie berichtet von ihrem früheren Job beim Besucherdienst des Bundestages, den die Bundestagsverwaltung im Nachhinein zur Honorartätigkeit umgewandelt hatte. 2008 sollte sie dann die Umsatzsteuer für die vergangenen fünf Jahre nachzahlen, die Summe habe ihrem Jahresverdienst entsprochen. Obwohl derzeit noch geprüft wird, ob das Verhalten der Bundestagsverwaltung korrekt war, habe sie sich nicht gegen die Forderung des Finanzamtes gewehrt. Sie habe ihren Dispo ausgeschöpft sowie eine Lebensversicherung aufgelöst. Die Steuerschuld konnte sie nicht abtragen.
2009 sei sie dann zum ersten Mal in eine Spielbank gegangen, habe viel Geld gewonnen und damit ihre Schulden getilgt. Doch sie habe weiter gespielt und die Kontrolle verloren. Sie wusste um die laxe Handhabung des Vieraugenkontrollprinzips an ihrem neuen Arbeitsplatz im Bezirksamt: Blind zeichneten die Kollegen die Auszahlungsanordnungen ab, für eine genaue Prüfung fehlte die Zeit.
Im November 2013 wurde sie festgenommen, Weihnachten und Silvester verbrachte sie in Haft. Nach der Entlassung kümmerte sie sich um eine Therapie und eine Fortbildung. Diese Anstrengungen honoriert Amtsrichterin Christina Rateike. In ihrem Urteil übt sie deutliche Kritik an der fehlenden gegenseitigen Kontrolle im Bezirksamt, die nicht einmal eine solch dilettantisch begangene Untreue verhinderte. UTA EISENHARDT