: Römer, übernehmen Sie!
Verbraucher, die mit ihrer Versicherung im Clinch liegen, können sich seit fünf Jahren an einen neutralen Schlichter wenden: den Ombudsmann der privaten Versicherungen. Für Verbraucher ist die Beschwerde kostenlos
Die ersten Herbststürme fegen die Ziegel vom Dach, die Waschmaschine setzt das Badezimmer unter Wasser, statt die Jeans zu reinigen. Gut zu wissen, dass in solchen Fällen die Versicherung den Schaden übernimmt. Doch was auf dem Versicherungsvertrag so einfach aussieht, ist in der Praxis oft ein Ärgernis. Nämlich dann, wenn der Versicherer sich weigert, den Schaden zu regulieren.
In solchen Fällen kann der Versicherungsombudsmann helfen, eine als Verein organisierte Schlichtungsstelle mit Sitz in Berlin, zu deren Mitgliedern die angeschlossenen Versicherungsunternehmen und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft gehören. Rund 98 Prozent der deutschen Versicherer sind Vereinsmitglieder. Er bearbeitet Beschwerden zu Hausrat- und Gebäudeversicherungen ebenso wie Reklamationen bei Haftpflicht-, Lebens-, Renten- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen. Krankenversicherungen gehören nicht zu seinem Aufgabenbereich.
Für den Verbraucher, der sich an die Schiedsstelle wendet, ist das Schlichtungsangebot kostenlos. Die Frage, ob die Schiedsstelle angesichts der geballten Präsenz der Versicherungen im Verein denn tatsächlich neutral ist, beantwortet Ombudsmann Wolfgang Römer, der die Schiedsstelle seit fünf Jahren leitet, eindeutig: „Neutralität wird bei uns praktisch gelebt, sonst hätte ich diese Aufgabe nicht übernommen.“ Der Ombudsmann ist kein Angestellter des Vereins und bei seinen Entscheidungen keinen Weisungen unterworfen. Dass Neutralität für den Rechtsprofessor Römer kein Fremdwort ist, hat er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2001 als Richter am Bundesgerichtshof bewiesen. Zudem steht dem Verein ein Beirat zur Seite, dem unter anderem Verbraucherschützer angehören. Für Lilo Blunck vom Bund der Versicherten (BdV) ist Ombudsmann Wolfgang Römer „ein klarer Gewinn“. „Die Verbraucher und die Versicherungswirtschaft haben Glück gehabt, dass sie einen so unabhängigen und mit Rückgrat ausgestatteten Menschen für diese Aufgabe gewinnen konnten“, lobt die Geschäftsführerin des BdV Römer. Das Verfahren: Tritt ein Schadensfall ein und der Verbraucher ist mit dem Bescheid der Versicherung nicht einverstanden, muss er in einem ersten Schritt bei dem Unternehmen reklamieren. Führt dies nicht zum Erfolg, kann er sich an den Ombudsmann wenden. Dieser prüft mit seinem Mitarbeiterstab, ob die Reklamation gerechtfertigt ist. Allein im Jahr 2006 werden wir rund 15.000 Beschwerden bearbeitet haben“, sagt Römer. „Bei rund einem Drittel der Eingaben konnten wir dem Versicherungsnehmer helfen.“ Oft reiche es schon aus, dass die Schiedsstelle bei einem Versicherer eine Stellungnahme einhole, die daraufhin die getroffene Entscheidung überprüfe. Bislang gilt das Angebot nur für Privatleute: „Ich fände es gut, wenn sich auch Kleinstunternehmer an uns wenden dürften“, so der Ombudsmann.
Sofern die Entscheidung des Versicherers falsch war, kann der Ombudsmann gegen das Unternehmen bis zu einer Höhe von 5.000 Euro eine verbindliche Entscheidung aussprechen. Bis zu einer Summe von 50.000 Euro gibt die Schiedsstelle eine Empfehlung ab, die für die Versicherungen allerdings nicht bindend ist. „Diese Stellungnahmen haben aber eine große Bedeutung“, zeigt sich Römer selbstbewusst. Meistens folgten die Versicherungen seinen Vorschlägen. Stellt Römer fest, dass der Versicherer korrekt gehandelt hat, erläutert der Ombudsmann dem Kunden verständlich das Ergebnis seiner Prüfung. „Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Entscheidungen allgemeinverständlich formuliert sind, mit juristischen Verweisen oder Floskeln wäre Verbrauchern nicht geholfen“, so Römer. Egal, wie der Ombudsmann entscheidet: Den Versicherten steht der Weg zu den Gerichten weiter offen, er muss die Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht akzeptieren. Doch nicht nur die Verbraucher haben einen Vorteil von der Arbeit des Ombudsmanns. Auch die Versicherungen profitieren: „Das ist kein Altruismus, den die Unternehmen praktizieren, sondern hat auch wirtschaftliche Hintergründe“, sagt Römer. Eine Einigung im Vorfeld gerichtlicher Auseinandersetzungen spart nämlich Gerichts- und Personalkosten.
VOLKER ENGELS