: Der Mensch als Teil der digitalen Maschine
SCHÖNE NEUE WELT Im Haus der Wissenschaft stellten sich Professoren des Bremer Technologie-Zentrum für Informatik und Informationstechnik dem Bürger-Dialog – und zeigten sich durchaus skeptisch
ARMIN DEKORSY, TZI-PROFESSOR AN DER UNI BREMEN
Auch Bremer Informatiker arbeiten an der Zukunft der „digitalen Gesellschaft“ – und stellten sich am vergangenen Donnerstag im Haus der Wissenschaft dem Bürger-Dialog. Die digitale Revolution verändert unsere Welt, die Maschinen integrieren die Menschen in ihre digitale Welt – auf diese Kurzform brachten die Professoren vom Bremer Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI), Rainer Malaka und Armin Dekorsy, die aktuelle technologische Entwicklung, an der sie selbst mitarbeiten.
Die Diskussion war der Auftakt zu einer bundesweiten Reihe von Terminen, bei denen Bürger und Experten in einen Dialog kommen sollen. Der Veranstalter „Wissenschaft im Dialog“, gefördert vom Bund, schickt auch das Ausstellungsschiff „MS Wissenschaft“ auf die Rundreise in deutsche Binnenhafen-Städte. Der Charme der Bremer Veranstaltung war, dass mit Malaka und Dekorsy zwei Vertreter der Informatik an der Bremer Universität dabei waren.
Und da zeigte sich, dass auch Experten nur Menschen sind, die auf Fragen nach den Risiken der technologischen Entwicklung durchaus skeptisch und ratlos reagieren. Die Bedeutung der Daten für die digitale Modernisierung der Industrie „haben wir lange nicht gesehen“, räumte zum Beispiel Dekorsy ein – er selbst auch nicht, obwohl er jahrelang als Ingenieur bei renommierten Firmen der digitalen Kommunikation gearbeitet hat. Ein Lehrer in der Diskussionsrunde berichtete, dass die Konzentrationsfähigkeit der „digital natives“ abnehme. Diese Sorge teile er, antwortete ihm Malaka; er versuche auch darauf zu achten, dass seine Kinder nicht zu viel an den digitalen Geräten hingen. Er stelle sich die Frage: Kommt der Mensch mit, wenn die Datenmengen immer größer und schneller werden? Bremsen lasse sich die Entwicklung jedenfalls nicht.
Am TZI beschäftigt sich die Arbeitsgruppe „Digitale Medien“ von Malaka, der auch TZI-Sprecher ist, insbesondere mit der Kooperation von Menschen und Computern. Malaka will die Mechanismen, mit denen Computerspiele die Menschen in den Bann ziehen, für sinnvollere Beschäftigungen nutzen, etwa für Lernprogramme. Dekorsy ist von Haus aus Nachrichtentechniker, seine Arbeitsgruppe am TZI befasst sich mit der Frage, wie mit Hilfe von kleineren Netzwerkstationen die Datenmengen gesteigert werden können bei geringerem Energieverbrauch.
Ein Drittel der Mitarbeiter der Arbeitsgruppe von Dekorsy kommt aus Asien – aus Indien, Pakistan, China. „Der Mensch wird zum integralen Bestandteil in einer global vernetzten Welt der Computer und Roboter“, sagt Dekorsy. Malaka verwies dabei auf den neuen amerikanischen Film „Her“: Ein im wirklichen Leben kommunikativ gescheiterter Mann findet eine virtuelle Freundin, die sein Leben als Knopf im Ohr begleitet und bereichert – als ob der Mensch, dieses „animal symbolicon“, sich über die Basis des „animal“ erheben und allein mit kommunikativen Symbolen glücklich werden könnte. Noch kritische Fragen? Ja, sagten beide Wissenschaftler, hätten sie auch. Vielleicht, räumte Dekorsy ein, würden sie als Techniker manchmal aber auch völlig hingerissen von den sich bietenden technischen Möglichkeiten. KAWE