: Einblick ins System Volkswagen
Die Anklagen gegen den einstigen VW-Personalvorstand Peter Hartz und den Ex-Betriebsratschef Klaus Volkert zeigen, wie sich Arbeitnehmervertreter an dem Volkswagen-Konzern bereichert haben sollen: Gegen Geld gab es Wohlwollen
Wie funktionierte das „System VW“? Wie sich die Arbeitnehmervertreter in den vergangenen Jahren bei Europas größtem Autokonzern bedient haben, ist Gegenstand der Anklagen der Staatsanwaltschaft Braunschweig. 13 Beschuldigte haben die Ermittler nach 17 Monaten Untersuchungen ausgemacht. Bereits in wenigen Tagen dürfte die Anklage gegen den einstigen Personalvorstand Peter Hartz beim Amtsgericht eingereicht werden.
Die Ermittler werfen dem derzeitigen Memoirenschreiber Hartz schwere Untreue und Verstöße gegen das deutsche und europäische Betriebsverfassungsgesetz vor – insgesamt drohen ihm theoretisch bis zu sechs Jahre Haft. Wahrscheinlicher ist aber, dass Hartz mit einer Bewährungsstrafe davon kommt. Im kommenden Jahr könnte der Prozess beginnen.
Bei der Anklage fallen offenbar weniger von VW bezahlte Prostituiertenbesuche von Hartz ins Gewicht. Schwerer wiegt, dass er die Betriebsrats-Granden mit Sonderzahlungen und Boni schmierte, damit sie dem Konzern bei wichtigen Entscheidungen nicht im Weg standen. Er habe sein „Verhältnis“ zu dem einstigen Betriebsratschef Klaus Volkert durch die Verweigerung von Zahlungen “nicht belasten“ wollen, zitieren Medienberichte aus den streng geheimen Hartz-Vernehmungen.
Insgesamt etwa zwei Millionen Euro soll allein Klaus Volkert seit Mitte der 90er Jahre kassiert haben, im Jahr 2002 waren es 692.000 Euro. Zudem soll Volkerts brasilianische Geliebte fast 400.000 Euro auf VW-Rechnung bekommen haben – ohne schriftlichen Vertrag. Zusätzlich fallen offenbar fast eine Million Euro für Lustausflüge des Betriebsrats in Peter Hartz’ Genehmigungsbereich – sie wurden nur pauschal über so genannte Ersatzbelege abgerechnet.
Etwa Anfang 2007 dürfte die Anklage gegen Ex-Betriebsratschef Klaus Volkert fertig sein. Bis zu zehn Jahre Haft drohen ihm laut Berichten wegen Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall. Bereits Mitte der 1990er Jahre soll der IG Metaller mit Hinweis auf seine Funktion gefordert haben, dem Management gleichgestellt zu werden.
Um seine Macht zu demonstrieren, wies Klaus Volkert offenbar den einstigen VW-Einkaufschef José Ignacio López bei seinem Antrittbesuch 1993 darauf hin, dass auf den Platz vor dem Volkswagen-Hochhaus am Mittellandkanal 20.000 Mitarbeiter passten: „Wenn die alle den Namen López rufen, sind Sie weg.“
Kai Schöneberg