piwik no script img

Archiv-Artikel

Verzicht auf humanitäres Signal

FLÜCHTLINGSPOLITIK Niedersachsen will weiter Roma in das Kosovo abschieben, obwohl sich laut Auswärtigem Amt die Situation vor Ort im Winter verschärft. Am Dienstag geht der nächste Flug nach Pristina

Von ILK
„Es gibt keinen Grund, die Abschiebungen zu stoppen“

SPRECHER DES NIEDERSÄCHSISCHEN INNENMINISTERIUMS

Der Winter ist nicht nur im Norden Deutschlands eingebrochen, sondern auch in Kosovo und Serbien. Niedersachen wird trotzdem weiter Roma, Aschkali – eine Roma-Untergruppe – und Ägypter zwangsweise in die beiden Länder abschieben. Die nächste Sammelabschiebung über Düsseldorf nach Pristina ist für den 7. Dezember 2010 geplant. Ein weiterer Flug soll am 9.  Dezember nach Belgrad gehen. „Es gibt keinen Grund, die Abschiebungen zu stoppen“, sagt ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums und verweist auf das Rückführungsabkommen mit dem Kosovo von April 2010. Außerdem liege es „nicht in der Verantwortung der Bundesländer, zu bewerten, wie die Zustände vor Ort sind, sondern bei Auswärtigem Amt und Bund“.

Das Auswärtige Amt war in Berichten über die asyl- und abschieberelevante Lage in Serbien und in Kosovo zum Schluss gekommen, dass die angespannte Situation in der Winterzeit vor allem für Familien mit Kindern zu besonderen Härten führen könne. In Nordrhein-Westfalen entschied man sich daraufhin als erstes Bundesland, die zwangsweise Abschiebung in die beiden Länder auszusetzen. Die Entscheidung sei ein „humanitäres Signal“, sagte eine Sprecherin des westfälischen Innenministeriums der taz.

„Niedersachsen redet sich immer damit heraus, nicht zuständig zu sein“, sagt Marei Pelzer von Pro Asyl. „Aber natürlich könnten sie die Abschiebung aussetzen.“ Auch die niedersächsischen Grünen fordern einen Abschiebungsstopp: „Es ist in jedem Winter das Gleiche: Innenminister Schünemann lässt Angehörige von Minderheiten abschieben, die in den südosteuropäischen Zielländern ohne Unterkunft, Arbeit und Sozialleistungen auf hoffnungslose Zustände treffen“, sagte die migrationspolitische Sprecherin Filiz Polat. Es sei ein Gebot der Humanität, schutzbedürftige Personengruppen jetzt unbürokratisch vor einer Abschiebung zu schützen. ILK