GABRIELE LESSER ÜBER POLENS AUSSENPOLITISCHES SELBSTBEWUSSTSEIN : Das Wunder an der Weichsel
Erst geben sich Russlands Präsident Dmitri Medwedjew und das deutsche Staatsoberhaupt Christian Wulff in Warschau die Klinke in die Hand, schon einen Tag später begrüßt der amerikanische Präsident Barack Obama seinen polnischen Amtskollegen Bronislaw Komorowski im Weißen Haus. So gute Beziehungen mit den Nachbarn im Westen und Osten Europas wie auch mit den Partnern in Übersee hatte Polen in seiner Geschichte noch nie.
Das stärkt Polens Position auf dem internationalen Parkett. Denn Politiker, die in der Lage sind, auch langjährige Konflikte mit ihren Nachbarn auf friedliche Weise beizulegen, sind in der EU hoch geschätzt.
Sicher, hin und wieder gibt es noch Panikattacken polnischer Politiker. So bezeichnet der einstige Premier Polens, Jaroslaw Kaczynski, sein Vaterland als „deutsch-russisches Kondominium“. Und Anhänger seiner nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ sind überzeugt, dass Polens und Russlands Premier gemeinsame Sache gemacht hätten, um den polnischen Präsidenten Lech Kaczynski zu beseitigen.
Nach dem tragischen Unfall in Smolensk fürchteten viele, dass zwischen Polen und Russland eine neue Eiszeit ausbrechen könnte, sofort machten Verschwörungstheorien die Runde. Doch Russland setzte zur Überraschung vieler auf Offenheit und kam Polen in vielen Fragen entgegen – lauter positive Signale, die Polens Regierung auch entsprechend anerkannte.
Nicht Angst vor den Nachbarn, sondern ein neues Selbstvertrauen bestimmt heute Polens Außenpolitik. So macht das Land heute nicht mehr krampfhaft Front gegen die „ewigen Feinde“ Deutschland und Russland. Es ist vielmehr ein Global Player, der im großen Spiel der Weltpolitik auch schon mal die Karten ausgibt.
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