: Der afropolitische Traum
Von Brooklyn aus will Blitz the Ambassador HipHop umkrempeln. Der Rapper aus Ghana schließt das Genre mit seinen Afro-Roots kurz
Er trägt den Afropolitan-Gedanken in sich. Der Ghanaer Samuel Bazawule aka Blitz the Ambassador revolutioniert von Brooklyn aus das Bild von Afrika in Klang, Wort und Tat – mit einer atemberaubenden Fusion aus Rap und panafrikanischer Philosophie.
„Klar, meine erste Berührung mit Musik war die ghanaische Tradition“, erläutert Blitz im Gespräch. „Ich hörte Highlife von Livebands, die in unserer Nachbarschaft in Accra auftraten. Dann kam ich mit HipHop in Berührung, und das verwandelte mich, es gab mir eine weltumfassende Sicht auf die Musik.“
Für seine messerscharfen Rhymes wird Bazawule schon 2000 bei den Ghana Music Awards ausgezeichnet. Doch der Übersiedlung in die Staaten ein Jahr darauf folgte die Ernüchterung: „Hätte ich noch den HipHop der Neunzigerjahre angetroffen, dann hätte ich meinen amerikanischen Traum leben können. Aber die Szene war in Stagnation. Da merkte ich, dass ich eine wichtige Rolle in der Wiederbelebung spielen könnte. Aus dem American wurde ein Afropolitan Dream, der auf einem viel breiteren Fundament steht. Es ist keine HipHop-Energie, es ist eine globale Energie.“
Mit programmierten achttaktigen Loops will er sich nicht aufhalten. HipHop braucht für ihn das menschliche Element. Und so formiert er seine Musiker zum Embassy Ensemble, das mit Bläsersatz seinen Rap in einen von Afro-Roots und Funk getränkten Kontext stellt.
Die panafrikanische Idee geht für Blitz über den Kontinent hinaus. Er verweist darauf, dass auch Public Enemy und A Tribe Called Quest oft mit Insignien aus afrikanischen Kulturen aufgetreten seien, dass HipHop ohne den Input der Emigranten nicht hätte entstehen können. Sein autobiografisches Konzeptalbum knüpft hier an, und dabei lässt er sich von Gästen aus vielen Teilen Afrikas flankieren. Aus seiner Heimat Ghana stammt Sarkodie, der wie Blitz selbst zur Speerspitze der Schnellrapper des Landes gehört, aus Nigeria hat er sich Nneka und Seun Kuti mit ins Boot geholt.
Das Duo mit dem Fela-Sohn, „Make You No Forget“, genau wie das fast balladenhafte „Call Waiting“, in dem die von ihm seit Kindertagen verehrte Angélique Kidjo die Rolle der daheim gebliebenen Mutter verkörpert, sind Statements gegen die Wurzellosigkeit, unter der viele Expats heute leiden. „Wir sind in Schizophrenie gefangen, denn niemand wertschätzt unsere Kultur. Ich kann von meiner Brückenposition aus den Afrikanern die Augen öffnen, dass sie die Musik auf der ganzen Welt beeinflusst haben, ihnen Vertrauen in die Bedeutung ihrer Geschichte geben. Ich bereite meine Rückkehr auf den Kontinent vor, möchte kulturelle Institutionen aufbauen. Denn: Es gibt keine Zukunft, außer wir bauen sie jetzt!“
STEFAN FRANZEN