piwik no script img

Archiv-Artikel

Eine Gewerkschaft für die Arbeitgeber

TARIFVERTRÄGE Die christliche Leiharbeitsgewerkschaft CGZP hat die Löhne gedrückt – und sich auf ihren Untergang längst vorbereitet

BERLIN taz | Die Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) wurde 2002 gegründet. In ihr haben sich drei christliche Gewerkschaften zusammengeschlossen: die Christliche Gewerkschaft Metall (CGM), die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD) und die Berufsgewerkschaft DHV. Die CGZP gehört wiederum dem Dachverband Christlicher Gewerkschaftsbund (CGB) an, der nach eigenen Angaben über 280.000 Mitglieder verfügt. Die CGZP hat sich bis heute geweigert, eigene Mitgliederzahlen vorzulegen.

Die Gründung der CGZP 2002 fällt mit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) unter der rot-grünen Regierung zusammen. Das Gesetz regelt, zu welchen Bedingungen Leiharbeiter in Deutschland arbeiten. In seiner neuen Fassung, die 2003 in Kraft trat, wurde festgelegt, dass vom Grundsatz „equal pay“, also der gleichen Bezahlung für Leiharbeiter und Stammbelegschaft, abgewichen werden kann, wenn ein anders lautender Tarifvertrag vorliegt.

In Folge „versorgte die CGZP die Arbeitgeber mit Wunschtarifverträgen“, sagt Peter Schüren, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Münster. Drei Flächen- und über 200 Haustarifverträge schloss die CGZP zu Hochzeiten ab. Davon betroffen waren geschätzt rund 200.000 Beschäftigte aus unterschiedlichen Branchen der Produktion und der Dienstleistungen. Vor allem in den Haustarifverträgen wurden dabei auf Kosten der Arbeitnehmer Niedriglöhne von beispielsweise 4,81 Euro pro Stunde vereinbart. Daneben wurden Lohnkosten auch durch ausgeklügelte Arbeitszeitmodelle gedrückt oder indem eine auf bis zu mehrere Monate ausgedehnte, niedriger entlohnte Einarbeitungszeit festgeschrieben wurde. Seitdem zuerst das Arbeitsgericht Berlin und danach das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg 2009 die CGZP für „nicht tariffähig“ erklärten und nur noch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ausstand, hat die CGZP Vorkehrungen getroffen. So hat sie die meisten ihrer Haustarifverträge gekündigt oder im Einvernehmen mit den Arbeitgebern aufgelöst.

Nach Aussagen des CGZP-Vorsitzenden Gunter Smits existieren derzeit noch 13 Haustarifverträge, deren Inhalt unbekannt ist.

Für Überraschung sorgte, dass die CGZP im März mit dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) einen Flächentarifvertrag abschloss, der die gleichen Löhne festschreibt, die auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mit den beiden anderen großen Arbeitgeberverbänden der Leiharbeitsbranche, iGZ und BZA, vereinbart hat. Danach werden ab Mai 2011 in der untersten Lohngruppe 7,79 Euro pro Stunde im Westen und 6,89 Euro pro Stunde im Osten bezahlt. Den Flächentarifvertrag mit AMP unterschrieb die CGZP nicht – wie in früheren Zeiten – alleine. Alle drei Mitgliedsgewerkschaften der Tarifgemeinschaft leisteten ihre Unterschrift. So bleibt dieser Flächentarifvertrag auch weiterhin gültig. EVA VÖLPEL