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Archiv-Artikel

Die Stimme und der Bass

Frauen sind in der elektronischen Musik nach wie vor unterrepräsentiert. Zwar haben die Veröffentlichungen von weiblichen Produzentinnen seit einigen Jahren deutlich zugenommen, ihr Anteil ist aber immer noch so gering, dass man bei elektronischer Musik weiterhin von einer Männerdomäne sprechen kann. Das gilt ganz klar auch für das Label Raster-Noton, das sich bisher als mehr oder minder geschlossener Männerverein präsentierte und dessen Ästhetik sich durch asketische Lakonik und spröde Frequenzen auszeichnet.

Dass die in Berlin lebende Japanerin Kyoka Kondo jetzt mit ihrem Album „IS (Is Superpowered)“ bei Raster-Noton vertreten ist, kann man daher durchaus als Besonderheit bezeichnen. Kyokas Musik fällt dabei gar nicht mal besonders aus dem Rahmen, obwohl sie deutlich mehr Stimmenanteile – in erster Linie ihre eigenen – als die Mehrheit ihrer Kollegen zum Einsatz bringt. Die kurzen, geloopten Parolen passen sich ganz selbstverständlich an den trockenen Beat, den mitunter dräuend brummenden Bass und die spartanischen übrigen Klänge an.

Dass Kyokas Album so gut zu Raster-Noton passt, könnte ein wenig daran liegen, das mit Robert Lippok und Frank Bretschneider zwei Künstler des Hauses für die Produktion verantwortlich zeichnen, doch haben sie Kyokas Eigenheiten keineswegs beseitigt. Bretschneider hat lediglich darauf geachtet, dass der Fluss gewahrt bleibt, Lippok im Gegenzug die ungeschliffenen Elemente erhalten. Tatsächlich ist das Ergebnis, allen sperrigen Tönen und Stimmen zum Trotz, alles andere als nervenbelastend. Für Raster-Noton in jeder Hinsicht eine zusätzliche Bereicherung.

Einen ähnlichen Austausch gibt es auf dem Debütalbum „CI“ des Duos Diamond Version, hinter dem die beiden Raster-Noton-Betreiber Carsten Nicolai und Olaf Bender stecken. Ihre Version von Electro und Techno, die sie hier darbieten, ist weitgehend instrumental, für einige Nummern haben sie sich Gesangsverstärkung hinzugeholt. Darunter auch Kyoka, die bei Diamond Version sogar eine Spur aggressiver klingt als auf ihrer eigenen Platte.

Wie zum Kontrast haben sich Diamond Version als prominenten Gast für einen „Song“ den Pet Shop Boys-Sänger Neil Tennant ins Studio geholt. Der darf das amerikanische Spiritual „Were You There“ intonieren. Nicolai und Bender sorgen allerdings dafür, dass die musikalische Untermalung nicht allzu sakral gerät.TIM CASPAR BOEHME

■ Kyoka: „IS (Is Superpowered)“ (Raster-Noton)

■ Diamond Version: „CI“ (Mute)