Berliner Platten : Singende Seriendarstellerinnen: Yvonne Catterfeld tariert Kitschanteile in ihren Songs schon aus, Maike von Bremen liefert noch holprige Reime
Als Yvonne Catterfeld noch Julia Blum war, konnte man sie leicht als trällerndes TV-Sternchen abqualifizieren. Doch längst ist Julia Blum ins ferne London verzogen und Catterfeld bei GZSZ ausgestiegen. Seitdem hat sie – auch dank des goldenen Händchens von Produzent Dieter Bohlen – mit schöner Regelmäßigkeit die Spitze der Charts erklettert, wurde aber als „Braut wider Willen“ schon nach nur 65 Folgen abgesetzt und muss sich nun wohl doch vornehmlich als Sängerin durchschlagen.
Mit ihrem vierten Album, „Aura“, besetzt sie erneut souverän die von ihr erfundene Nische zwischen Deutsch-Soul und Schlager. So sorgsam austariert ist der Kitschanteil ihrer Songs, dass beide Zielgruppen bedient werden, ohne sich allzu unangenehm berührt fühlen zu dürfen. Mit empathischen Liebesbeteuerungen wird die eingeführte Marke Catterfeld gefestigt. Die 26-Jährige verknotet tapfer ihre Stimmbänder und presst noch aus dem belanglosesten Textchen den letzten verfügbaren Tropfen Seele.
Zwar hat Catterfeld ihre langjährige Managerin Veronika Jarzombek gefeuert und glaubt für den weiteren Verlauf ihrer Karriere auch den bisherigen Übervater Bohlen nicht mehr nötig zu haben. Allerdings macht sie nicht den gern begangenen Fehler, die eigenen Ambitionen zu wichtig zu nehmen und das erfolgreiche Team komplett auszutauschen. Zwar firmiert sie bei mehr als der Hälfte der Songs von „Aura“ als Koautorin, aber vor allem setzt sie auf die Zuarbeit bewährter Hitlieferanten wie Lukas Hilbert, Mousse-T, Laith Al-Deen, Max Herre und Joy Denalane. Tatsächlich darf man sich wundern, wie bruchlos das Fehlen des bisherigen Mentors kompensiert wird. Das Ergebnis ist weitgehend harmlos, aber halt auch nicht wirklich ärgerlich. Es gibt Schlimmeres, was den Äther verkleistert. Nur eins muss man ihr übel nehmen: „Mein Tag, mein Licht“, ihre Version des eigentlich unkaputtbaren „Ain’t no Sunshine“.
Wo Catterfeld schon ist, will Maike von Bremen erst noch hin. Momentan ist sie sogar noch bei GZSZ, und zwar als vom Schicksal arg geplagte Sandra Ergün. Die Schauspielerin sang schon als 15-Jährige in Bands – „Closer“ ist nun, ein Jahrzehnt später, allerdings erst ihr Debütalbum. Dafür legt sie Wert darauf, dass sie den Großteil der durchgehend englischen Songs selbst betextet hat. In denen ist nun die Rede von Liebe, Liebe und noch mehr Liebe. Wenn das Tempo nachlässt und der Midtempo-Pop zur Ballade gerät, dann geht es gern um das Ende einer Liebe. Einmal immerhin ist ein „DJ“ Thema, ansonsten aber sind die Straßen, die es bis zum Liebsten zurückzulegen gilt, „long“, und ein böser Wind bläst dazu „strong“.
Solche Reime singt sie mit einer Stimme, die durchaus geschult ist und die alle auf „Closer“ an sie gestellten Ansprüche problemlos trägt. Wirklich erinnernswert aber ist der Auftritt Maike von Bremens als Sangesstar nicht. Man darf sich fragen, ob die Welt unbedingt noch ein weiteres Kapitel unverfänglichen Allerweltspop braucht. Allerdings scheint die Welt ja auch einen ganzen Sack Seifenopern zu benötigen. THOMAS WINKLER