: Faires unterm Baum
18 Berliner Weltläden und drei Fair-Handelshäuser helfen Präsentesuchern. Im Advent gibt es ganz besondere Feinkost und Handwerkswaren. Das Schönste an ihnen: Sie erzählen Geschichten
VON JANET WEISHART
Schon lange riecht es nicht mehr nach Jute und Räucherstäbchen. In der Nase kitzelt Karamellaroma, die Zunge schmeckt „BioBier-Schokolade“, die Augen wandern zu bunten Stoffpuppen. Der Weltladen an der Berliner Gedächtniskirche verzaubert die Sinne. Plötzlich tanzen einem Verwandte und Freunde vor dem geistigen Auge. Wer könnte sich über was freuen? Die Inspirationen gehen nie aus – dafür sorgt Inhaberin Renate Neumann. Bei der Frage nach dem besonderen Weihnachtsgeschenk greift sie gezielt zum Alpakapullover aus Peru (87,50 Euro). „Kein Kratzen“, sagt sie und verspricht: „So günstig bekommen Sie ihn nirgendwo in Berlin, denn Alpakawaren beziehe ich direkt.“ Es ist der Anfang der Geschichte, die dem weichen Pullover innewohnt. Und die geht so: Vor Jahren lernte Neumann eine Filmemacherin kennen, die eine Dokumentation über die Chippewa-Indianer in Peru drehte und von deren Handwerkskunst schwärmte. Neumann nahm Kontakt mit den Indianern auf, und so kommt es, dass im Winter regelmäßig Pakete mit fairer Alpakamode eintreffen.
Noch ein Geschenk? Neumann deutet auf ein Puppengeschirr aus Keramik (4 Euro) und ein Teeservice (24,50 Euro). Noch eine Geschichte? Bereits zu DDR-Zeiten lernte die Weltladen-Chefin eine Vietnamesin kennen, aus deren Heimatort sie bis heute faire Töpferware bezieht. Sie selbst besuchte die Handwerker. „Sie leben sehr einfach, arbeiten viel. Bei der Organisation ihrer Geschäfte hilft ihnen der Deutsche Entwicklungsdienst, bis sie das allein bewältigen und vielleicht auch im eigenen Land Fuß fassen“, erzählt sie. Pünktlich zur Adventszeit steht die Keramik nun in ihrem Laden. Wer sie verschenkt, schenkt doppelt: seinen Lieben Freude und den Arbeitern in Vietnam die Garantie angemessener Bezahlung.
Oder den Arbeitern in Indien. Von dort stammt der Schmuck, den Günter Peters vom Weltladen A Janela in Wilmersdorf unter den Baum legen würde. In seinem „Fenster zur Welt“ funkeln Silberketten und -ringe (14–70 Euro), Unikate, besetzt mit Rosenquarz, Tigerauge, Granat. Klar gebe es jetzt auch andere Weihnachtsschätze: bemalte Kerzen aus Swasiland (8,50 Euro), Adventskalender, Handpuppen Fußbälle. Aber wenn er Kind wäre, würde er sich die „Arche Noah“ (174 Euro) wünschen. Das große Schiff aus Zypressenholz haben körperbehinderte Jugendliche in Nairobi geschnitzt. Es beherbergt neben Noah und seiner Frau über 40 bemalte Tiere.
30 Minuten Fahrweg quer durch Berlin: der Weltladen Baobab in Prenzlau. Als neu und besonders weihnachtstauglich empfiehlt Mitarbeiterin Nina Kück bemalte Specksteinschalen (ab 5,50 Euro). Kenianische Frauen der Initiative „Smolart“ lassen auf roten, blauen oder weißen Speckstein Sterne oder Figuren tanzen. Ein Geschenk mit Folgen: Die fairen Erlöse kommen der Gesundheitsaufklärung und Schulen vor Ort zugute.
Lange werden die kenianischen Schalen wohl nicht auf Käufer warten müssen angesichts des gegenwärtigen Booms fair gehandelter Waren. Letztes Jahr stieg der Absatz für Transfair-Produkte um 40 Prozent. Für 2006 erwartet die Verbraucherinitiative noch höhere Zuwächse, auch für die fairen Internetshops. Davon profitieren Fair-Handelshäuser wie Gepa, DWP und El Puente und ihre etwa 600 speziellen Weihnachtsartikel. Für DWP-Chef Thomas Hoyer ist einer der schönsten unter ihnen die Olivenholzskulptur „Maria und Josef“ (65 Euro). „Sie stammt aus dem besetzten Palästina, nahe Bethlehem“, erzählt er. „Für die 70 Mitglieder der Holy-Land-Kooperative sind Schnitzarbeiten die einzige Einnahmequelle, da Touristen wegen des Kriegs ausbleiben.“
Papa, Opa, Kinder – alle wollen beschenkt sein. Für Ersteren empfehlen die Einkäufer „Ron de Cuba“, einen 15 Jahre gereiften Varadero-Rum (27,90 Euro) von El Puente, oder den südafrikanischen Roséwein „Ilula Pinotage 2003“ (5,49 Euro) von Gepa. Schluck für Schluck mit gutem Gewissen zu genießen, denn die Erlöse fördern Schulen und Gesundheitsvorsorge im Herstellerland. Die Gepa-Überraschung für Kinder: die Rucksäcke „Elefant“ und „Auto“ (je 13,95 Euro) aus Sri Lanka. Für Große: der „Max-Fußball“ mit Gesicht aus Pakistan (11,95 Euro) von DWP. Wer lieber Altbewährtes „fairschenkt“: Nepalesische Schurwollsocken (14,90 Euro) gibt es bei El Puente.