: Plakate rauf: „Das will keiner machen“
WAHLKAMPF II Als Dienstleister hängt Daniel Meyer* Republikaner-Plakate auf und macht sich damit Feinde
■ Die Parolen auf den Plakaten ähneln sich. Im Europawahlkampf agitiert nicht nur die AfD gegen „Einwanderung in unsere Sozialsysteme“: Auch die „Republikaner“ (REP) fordern: „Einwanderung in die Sozialsysteme stoppen!!!!!“
■ Nach einer Umfrage von Infratest-Dimap haben die REP um Rolf Schlierer „gute Chancen“ ins Europarlament einzuziehen.
■ Mit moderaterer Rhetorik als früher, treten sie für eine strikte Begrenzung der Zuwanderung ein und für eine vollständige Anpassung an die „christlich-abendländische Kultur“.
■ Die REP, nach eigenen Angaben 6.500 Mitglieder stark, fordern zudem die Wiedereinführung der D-Mark und den Austritt Deutschlands aus der EU. AS
Während die „Republikaner“ in Bremen mitten im links-alternativen Ostertor-Viertel einen Infostand aufgebaut und von mehreren Dutzend linken Protestierenden belagert werden, wartet Daniel Meyer* 300 Meter weiter in einem weißen Lieferwagen. Er hängt die Wahl-Plakate für die Republikaner auf. Ein Protokoll.
Bremen, das ist das asozialste Nest, das ich kenne. Am helllichten Tag sind mir Drogen angeboten worden und keiner macht etwas. Aber während ich mit meinem Lieferwagen auf dem Gehweg gestanden habe, um zu plakatieren, hat mir irgendein Korinthen-Kacker einen Strafzettel verpasst. Am Dienstag sind meine Kollegen beim Plakatieren bedrängt worden. Wir sollten gehen mit unseren Republikaner-Plakaten, wurde uns gesagt, sonst passiere etwas.
Auch die Polizisten haben zu mir gesagt: Bremen und das Viertel hier sind gefährlich. „Passen Sie auf, arbeiten Sie lieber nicht nachts.“ Sie könnten für Leib und Gut nicht garantieren. „Das hier ist die gefährlichste Ecke der Stadt, vielleicht Deutschlands“, hat der Polizist gesagt. „Ist doch nicht die Bronx“, sage ich. „Sie können das vergleichen“, hat der Polizist geantwortet.
Meine beiden Mitarbeiter sprechen kaum deutsch. Sie kommen aus Rumänien. Früher gab es Kontingente für Saisonarbeiter. Heute ist das kein Problem, weil Rumänien in der EU ist. Die beiden Rumänen arbeiten ganz normal. Sie nehmen niemandem die Arbeitsplätze weg. So einen Job will doch keiner hier machen. Ich wurde von Leuten als „Nazi“ beschimpft, und dass ich die beiden versklaven würde. Aber die sind ja aus freien Stücken hier. Sie bekommen 12,50 Euro die Stunde und zahlen Sozialabgaben.
Es gibt so viele Unterstellungen. Wenn auf einem NPD-Plakat „Kriminelle Ausländer raus“ steht, dann ist das ja nicht „Ausländer raus“. Ob die Politiker etwas anderes sagen oder denken, das will ich nicht beurteilen.
Mit den Republikanern habe ich nichts zu tun. Ich habe einen Auftrag, um die Plakate zu hängen – 1.500 Stück in Bremen. Die werden alle abgerissen. Ich habe bereits das Dreifache gehängt. Auf den Brücken über der Weser, auf den großen Ausfallstraßen, überall werden die Plakate abgerissen. Der Auftrag wird dadurch nicht größer, die Plakate fehlen woanders. Ein Plakat kostet sechs Euro, unser Lohn kommt noch dazu. Das ist dann ein Schaden, der in die Zehntausende geht. Das ist kein Kavaliersdelikt.
Dann wurde mein Auto durchsucht, von der Polizei. Irgendjemand von einer anderen Partei hat mich angezeigt und behauptet, ich hätte deren Plakate gestohlen. Die Polizei kam mit acht Mann, sie haben nichts gefunden. Bei einem Plakat mit Angela Merkel darauf, da habe ich einen Kabelbinder nachgezogen, weil das Plakat so schief hing, das ist ja verkehrsgefährdend. So viel Kollegialität gegenüber den Mitbewerbern muss schon sein.
Ich hänge Plakate für alle auf, von der MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands), über die Piraten bis zu den Republikanern. Man muss sie ja nicht wählen, ist ja nicht die DDR. Aber wenn man Demokrat ist, muss man zulassen, dass sie antreten.
Ich gehe zur Wahl, aber wähle immer ungültig. Ich fühle mich befangen. Wenn ich einer Partei das Kreuz gebe, dann ist das unfair gegenüber den anderen, es sind ja alles meine Kunden.
Das Auto kann ich nicht mehr alleine lassen. Jeder in der Stadt weiß mittlerweile, was das für ein Auto ist. Der Spiegel ist kaputt. Seine Wut an Sachen auszulassen, das geht doch nicht. Es ist ein Mietwagen, das tut mir persönlich nicht weh. Aufhören will ich nicht. Ich bin kein Schisser. Protokoll: JPB
* Name geändert