Hoffentlich haben sie es jetzt kapiert

NPD-CHEF VERURTEILT

Für Ermittlungen gegen Schmidtke gab es jahrelang angeblich nicht genug Anhaltspunkte

„Sie waren für den ‚Nationalen Widerstand Berlin‘ tätig, das ist klar“, sagte die Richterin am Montag zu dem Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke. Soeben hatte sie ihn wegen falscher eidesstattlicher Versicherung zu einer Haftstrafe von drei Monaten verurteilt. Mit diesem Satz sprach sie aus, was seit Jahren jeder weiß, der sich näher mit Sebastian Schmidtke oder dem „Nationalen Widerstand“ (NW) beschäftigt. Nur das LKA und die Staatsanwaltschaft wussten davon offenbar nichts – oder wollten es nicht wissen. Anders ist nicht zu erklären, warum es so lange dauerte, bis es jetzt endlich zum Prozess kam.

Denn Hinweise auf diese Tätigkeit gibt es zahlreiche, und es gibt sie schon lange. Schmidtke nannte die Seite nw-berlin.de „unsere Weltnetzpräsenz“, er sprach auf Demos vom NW-Redepult – und wer die NW-Kontaktnummer wählte, hatte den NPD-Chef am Apparat.

„Mit Hochdruck“ wolle man gegen das Nazi-Netzwerk vorgehen, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU) im Herbst 2011. Nach dem Bekanntwerden der NSU-Mordserie schrieb man sich auch in Berlin ein entschlosseneres Vorgehen gegen rechts auf die Fahne – passiert ist trotzdem lange nix. Für Ermittlungen gegen Schmidtke gab es jahrelang angeblich nicht genügend Anhaltspunkte. Seltsam: Am Ende genügte ein einfacher Telefonnummernabgleich, der bereits vor Jahren hätte durchgeführt werden können.

Der Prozess gegen Schmidtke lässt hoffen, dass die Zeit, in der zivilgesellschaftliche Akteure der Polizei und der Staatsanwaltschaft immer wieder den Zusammenhang zwischen dem NPD-Chef und dem Neonazi-Netzwerk erklären müssen, vorbei ist. Dazu ist der Prozess aber auch nur der erste Schritt – denn wie genau Schmidtkes Funktion im NW aussah oder aussieht, wie dieses Netzwerk funktioniert und wer da noch alles mitmischt, ist weiterhin nicht geklärt.

MALENE GÜRGEN