LESERINNENBRIEFE :
Tierquälerische Tierhaltung
■ betr.: „Keime in Mettbrötchen und Putenwurst“, taz vom 22. 5. 14
Nach einer Erhebung des Bundesamts für Verbraucherschutz lieferten Pharmafirmen im Jahr 2011 gewaltige 1.734 Tonnen antimikrobielle Wirkstoffe an deutsche Tierärzte, wovon 99 Prozent in der Massentierhaltung und nur 1 Prozent für Heimtiere verwendet worden sind. In der Humanmedizin wurden im selben Zeitraum lediglich rund 800 Tonnen verwendet. Ohne den massiven Antibiotikaeinsatz wäre eine solch intensive und damit auch tierquälerische Tierhaltung, wie sie heute vielerorts in Deutschland betrieben wird, gar nicht möglich. Und das, obwohl die Tiere – gemessen an ihrem natürlichen Lebensalter – meistens noch als „Babys“ zur Schlachtbank geführt werden. Ähnlich wie bei der Atomkraft muss wohl wieder erst ein GAU passieren, bevor ein Umdenken einsetzt. Parteien, die die Massentierhaltung und damit unseren hohen Fleischkonsum nicht im Fokus haben, weil das Thema nicht mehrheitsfähig und unpopulär ist, handeln schlicht verantwortungslos. Und wie handeln wir selbst als Verbraucher? RALF BÖHM, Berlin
Wofür ist Freihandel gut?
■ betr.: „Die Gefragte“, taz vom 22. 5. 14
Indem die Grünen für einen Neustart der TTIP-Verhandlungen sind, bleiben sie die Antwort schuldig, wofür mehr Freihandel überhaupt gut sein soll. Anstatt zu versuchen, in einem bereits laufenden Spiel die Regeln neu zu bestimmen oder in eine neue Runde zu starten, sollte man aus diesem Spiel ganz aussteigen. Arbeitsplätze vor Ort und Umweltstandards sind besser durch lokale Kreisläufe als durch mehr Handel „übern großen Teich“ zu sichern, der auch mittelständische Unternehmen immer größerem Konkurrenzdruck aussetzen wird.
Im mörderischen Wettlauf der Standorte werden bestimmte Staaten und Regionen immer die Verlierer sein. Wir brauchen ein Rechtssystem im Welthandel, das lokale und regionale Produzenten bevorzugt und den Staaten ermöglicht, sie besonders zu schützen, statt dass es Investoren erlaubt, im Namen des Freihandels die souveräne Gesetzgebung von Staaten auszuhebeln. Wir brauchen hohe rechtliche Hürden bis zur Verankerung im Grundgesetz, damit einmal erreichte Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz durch wie immer geartete Vereinbarungen nicht in Frage gestellt werden können.
STEPHAN WEINGART, Chemnitz
„Oppositioneller“ Radiosender?
■ betr.: „Warum ich Donezk verließ“, taz vom 21. 5. 14
In der taz schreibt die Journalistin Olena Povoliaieva unter anderem: „Man hätte alles im Keim ersticken müssen. Man hätte die Armee einmarschieren lassen und keine Angst vor Putin zeigen müssen.“ Vorgestellt wird sie von der taz-Redaktion so: Sie „arbeitete in Donezk als Journalistin für den oppositionellen Radiosender Radio Svoboda, der nichts mit der rechten ukrainischen Partei gleichen Namens zu tun hat. Sie war im Mai 2013 Teilnehmerin eines Workshops der taz Panter Stiftung.“
Da fordert also eine mutige Oppositionelle, die bei der taz journalistisch weitergebildet wird, eine Militärintervention. Vielleicht wäre die taz-Leserschaft etwas genauer informiert worden, wenn die taz-Redaktion auch mitgeteilt hätte, dass es sich bei dem „oppositionellen Radiosender“ Radio Svoboda nicht etwa um einen selbstverwalteten Piratensender, sondern um den russischen Dienst des zu 100 Prozent vom US-Kongress finanzierten Senders Radio Free Europe/Radio Liberty handelt. In Opposition steht dieser Sender also nicht etwa zur Regierung in Kiew, sondern eher den Gegnern dieser Regierung. WILHELM ACHELPÖHLER, Münster
Veraltetes Bild des Lernens
■ betr.: „Gymnasium? Mit uns nicht!“, sonntaz vom 17./18. 5. 2014
Was ihr geschrieben hat, blendet jegliche Schulrealität aus. Heute ist das Gymnasium die „Hauptschule der Nation“, in manchen Städten gehen 60 bis 70 Prozent eines Jahrgangs aufs Gymnasium, und ihr sprecht von „elitärem Denken“. Das ist ein Witz! Und ihr zeichnet ein Bild des Lernens, das aus den 50er Jahren stammt. Ich will mich jetzt nicht weiter aufregen, aber eines müsste jedem klar sein: Wer das Gymnasium mit seiner humanistischen Bildungsidee, und die ist nicht schlecht, abschaffen möchte, produziert die größte soziale Ungleichheit: den Ausbau der Privatschulen! Wollt ihr das?
FRIEDHELM HORN, Rotenburg
Grenzen der Inklusion
■ betr.: „Keine Unterstützung für Henri“, taz vom 19. 5. 14
Inklusion ohne Sinn und Verstand – der „Fall“ Henri zeigt wie diese Form von Integration an seine Grenze kommt. Und das ist gut so. Es kann doch nicht sein, dass in einer Klasse ein „Schüler“ rund um die Schuluhr betreut wird und der Rest der Schüler, die einmal Leistungsträger der Gesellschaft sein werden, sich mühen und rackern. Frau Ehrhardt, die Mutter von Henri, sagt selbst: Er wird niemals einen Schulabschluss erhalten. Und nur weil seine (körperlich behinderten) Freunde nun die Schule wechseln, soll das auch für ihn gelten? Menschen mit Downsyndrom sind in ihrer Entwicklung genau so zu differenzieren wie auch Menschen ohne Behinderung.
Inklusion ja, aber sinnvoll. Der Lebensweg der Carina Kühne, die ihren Hauptschulabschluss gemacht hat und einen Job hat, zeigt es vor. KIRSTEN SCHILLER, Lübeck
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