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Archiv-Artikel

Investoren unerwünscht

Die Belegschaft des größten Umschlagbetriebes im Hamburger Hafen will sich gegen einen Teilverkauf wehren: Die HHLA verdiene gut und brauche keinen Kapitalgeber, um Investitionen zu finanzieren – schon gar keinen, der etwas zu sagen hätte

von Gernot Knödler

Der Streit über die Privatisierung der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ist wieder aufgeflammt. Die Belegschaft, die sich noch vor einem Jahr mit einem Teilverkauf abgefunden hätte, lehnt eine Privatisierung jetzt völlig ab. Am 14. Dezember wollen die Mitarbeiter deshalb auf die Straße gehen.

Die HHLA ist der größte Umschlagsbetrieb im Hafen und zu 100 Prozent im Besitz der Stadt. Das Unternehmen machte vor einem Jahr Schlagzeilen, weil Anteile davon an die Deutsche Bahn verkauft werden sollten. Bedingung des Senats: Die Bahn müsse ihre Unternehmenszentrale von Berlin nach Hamburg verlegen. Die Bundesregierung machte den Plan zunichte. Der Senat hielt aber an seinem Plan fest, Teile der HHLA zu verkaufen.

Damals kämpfte die Belegschaft, geführt von der Gewerkschaft ver.di, dafür, die Mehrheit der Konzernanteile in städtischer Hand zu behalten. Einem Teilverkauf hätten die Mitarbeiter nur zugestimmt, um dem Unternehmen einen Partner zu verschaffen, der Geld für die notwendigen Investitionen mitbrächte, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Harald Erven. Seitdem hätten sich die Rahmenbedingungen geändert. „Die Belegschaft ist der Meinung, dass wir in der Lage sind, den Ausbau der Containerterminals selbst zu finanzieren“, sagt Erven. Den Betriebsratsvorsitzenden Fred Timm überrumpelte dieser von ver.di organisierte Kurswechsel so, dass er das Handtuch warf.

Die HHLA profitiert vom boomenden Welthandel, der dem Hamburger Hafen im Containerverkehr seit 1999 zweistellige jährliche Wachstumsraten verschafft hat. Weil ein Ende nicht absehbar ist, will das Unternehmen in den nächsten Jahren 1,2 Milliarden Euro in neue Containerbrücken, Portalkräne und Steuerungssysteme investieren. Die HHLA hat es aber auch verstanden, aus dem Boom Kapital zu schlagen: Im vergangenen Jahr lag ihre Kapitalverzinsung bei zwölf Prozent. Sie hat 117 Millionen Euro investiert und 61 Millionen Euro Gewinn eingefahren. In diesem Jahr sollen es rund 100 Millionen werden. Wie das Unternehmen bestätigte, könnte das reichen, um den geplanten Ausbau zu finanzieren.

Dass die Mitarbeiter jetzt auf die Barrikaden gehen, hängt aber nicht nur damit zusammen. Der Betriebsrat wirft dem Senat vor, dass er hinterrücks die malerische Speicherstadt und den berühmten Fischmarkt aus der HHLA herauslösen wolle. „Es ist in achteinhalb Jahren Verhandlungen nie davon geredet worden, dass die Speicherstadt aus dem Konzern gebrochen werden soll“, sagt der Betriebsrat Erven. Die Arbeitnehmervertretung habe das lediglich der Anlage zum Verkaufsprospekt für die HHLA entnehmen können, der an potenzielle Investoren verschickt wurde.

„Wir wollen diese Immobilien vom Zugriff Dritter fernhalten“, sagt Sebastian Panknin, der Sprecher der Finanzbehörde. Speicherstadt und Fischmarkt seien „stadtentwicklungspolitisch von besonderer Bedeutung“. Die Stadt würde sie der HHLA vor der Teilprivatisierung abkaufen. Da die HHLA privatrechtlich organisiert ist, scheint ein Kauf eine saubere Lösung zu sein, deren Qualität aber vom Preis abhinge.

Der Betriebsrat scheint den Verkauf als Symbol zu betrachten: Beide Gebäudekomplexe seien wesentliche Bestandteile des Unternehmens, kontert Erven. „Die Speicherstadt ist das Aushängeschild der HHLA“, sagt der Betriebsrat. Als nächstes werde dann die Logistik aus dem Konzern heraus gebrochen, argwöhnt er. Am Umsatz war die Speicherstadt, die Ende des 19. Jahrhunderts für den Freihafen gebaut wurde, 2005 nur mit 29 von 833 Millionen Euro beteiligt.

Der Senat möchte mit dem Verkauf von bis zu 49,9 Prozent des Grundkapitals der HHLA offiziell deren Wettbewerbsposition stärken. Anfang November schaltete er Verkaufsanzeigen, in denen die „dauerhafte Erhaltung der HHLA als selbstständiges Unternehmen mit Konzernzentrale am Standort Hamburg“ zur Bedingung gemacht wurde. Der künftige Partner solle das Geschäftsmodell der HHLA unterstützen, deren Neutralität gegenüber Reedern und Spediteuren gewährleisten und eine „stabile Aktionärsstruktur“ sichern. Betriebsrat Erven überzeugte das nicht: „Ich glaube diesem Senat nichts“, sagt er. Bis zum 1. Dezember sollen die Interessenten ihre Angebote abgeben.