: Aubis-Chef soll vor Gericht
Grüne fordern neues Gutachten für angeblich verhandlungsunfähigen Exmanager Neuling. Protagonist des Bankenskandals könnte sonst ungeschoren davonkommen
Der ehemalige Aubis-Manager Christian Neuling soll ein drittes Mal bei einem Gutachter antanzen. Das forderte gestern der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Dirk Behrendt: „Es ist schwer erträglich, wenn einer der maßgeblichen Akteure des Berliner Bankenskandals als verhandlungsunfähig gilt.“
Am Freitag war bekannt geworden, dass Neuling laut einem psychiatrischen Gutachten an einer „seelischen Erkrankung“ leide. Bereits im April hatte die 19. Strafkammer des Landgerichts das Betrugsverfahren gegen den 63-Jährigen aus gesundheitlichen Gründen eingestellt. Im September hatte Neuling aber erfolgreich am Berlin-Marathon teilgenommen. Die 42 Kilometer lief er in viereinhalb Stunden. Daraufhin hatte das Gericht das zweite Gutachten beantragt.
Der Prozess dauerte schon über zwei Jahre. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Klaus-Hermann Wienhold war Neuling wegen Betrugs und versuchten Betrugs zum Nachteil der landeseigenen Bank Berlin Hyp angeklagt. Die beiden Geschäftsführer der Immobilienfirma Aubis sollen einen Millionenschwindel zu Lasten der Bank eingefädelt haben. Beide Manager hatten die Vorwürfe bestritten.
Der Grünen-Politiker Behrendt fürchtet nun, es könne sich der Eindruck verfestigen, ein Angeklagter benötige lediglich findige Anwälte, um sich einem Prozess entziehen zu können. Daher täte die Berliner Justiz gut daran, einen weiteren auswärtigen Gutachter mit der Begutachtung zu betrauen, sagte Dirk Behrendt.
Trotz des umstrittenen Gutachtens muss Neuling am Donnerstag vor Gericht erscheinen. Dann wird die 26. Strafkammer ein Verfahren gegen Neuling und weitere Angeklagte eröffnen. Diesmal geht es um Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit einem von der Berlin Hyp initiierten Immobilienfonds. Die 26. Strafkammer wolle erst im Rahmen der Verhandlung darüber entscheiden, wie sie mit dem Gutachten umgehe, erklärte gestern Justizsprecherin Iris Berger.
Nicht verbuchte Parteispenden der Aubis-Geschäftsführer an den damaligen CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky hatten 2001 den Berliner Bankenskandal ausgelöst. Landowsky war auch Chef der Berlin Hyp, die der Aubis Millionenkredite zur Verfügung gestellt hatte. Er musste von allen Posten zurücktreten und ist derzeit in einem weiteren Prozess wegen Untreue angeklagt. In der Folge des Skandals zerplatzte auch die schwarz-rote Senatskoalition. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) wurde abgewählt.
Gereon Asmuth