Mediziner auf den Prüfstand

REFORM Ärzte, Kassen und Kammern debattieren

BERLIN taz/dpa | Wie lange hält ein künstliches Kniegelenk? Wie hoch ist das Risiko, sich während eines Krankenhausaufenthalts einen multiresistenten Keim einzufangen? Wo haben Frühchen die besten Überlebenschancen und warum?

Die Bundesregierung stellt sich großen Fragen – und nimmt dazu Deutschlands 2.000 Krankenhäuser unter die Lupe. Behandlungserfolge und -misserfolge, die Qualität von Diagnosen, die Patientenzufriedenheit sowie die Art, Dauer und Kosten von Therapien, all das kommt ab sofort auf den Prüfstand: In Berlin konstituiert sich am heutigen Montag eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die bis Jahresende Antworten finden will. Ziel ist, eine seit Jahren angemahnte große Reform der Krankenhäuser in Deutschland auf den Weg zu bringen.

Die Bezahlung der einzelnen Häuser soll sich künftig stärker als bisher nach deren Qualität bemessen. Dazu soll nach dem Willen der schwarz-roten Koalition auch ein eigenes Qualitätsinstitut aufgebaut werden; angesiedelt wird es vermutlich beim Gemeinsamen Bundesausschuss, dem höchsten Gremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Zur Debatte steht auch, ob wirklich alle 2.000 Kliniken in Deutschland weiterhin gebraucht werden – bald die Hälfte von ihnen schreibe inzwischen rote Zahlen, hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft bereits vor einem halben Jahr gewarnt.

Zu sanft

Die Ersatzkassen bekräftigten unterdessen am Wochenende ihre Forderung nach einem stärkeren Schutz der Patienten vor Krankenhäusern mit hohen Komplikationsraten oder unnötig vielen Operationen. Derzeit seien die Sanktionen viel zu sanft, kritisierten Techniker Krankenkasse, Barmer GEK und DAK-Gesundheit laut dpa. Wer schlechte Qualität erbringe, müsse damit rechnen, dass notfalls ganze Klinikabteilungen geschlossen würden, so die Kassen.

Die Bundesärztekammer warnte vor solchen Szenarien. Es gebe derzeit keine anerkannten Methoden, die Qualität der Krankenhäuser überhaupt zu ermitteln, sagte ihr Präsident, Frank Ulrich Montgomery, vorige Woche auf einer Pressekonferenz in Berlin. Die Ärzte, so Montgomery, hätten „nichts dagegen“, dass die Qualität ihrer Arbeit gemessen werde. Sie wollten aber an dem geplanten Institut beteiligt werden. Die Debatte um Behandlungsqualität ist auch einer der Schwerpunkte auf dem 117. Deutschen Ärztetag, der am Dienstag in Düsseldorf beginnt.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Finanzierung der Kliniken. Der Marburger Bund forderte auf seiner Hauptversammlung in Düsseldorf: „Die investive Unterfinanzierung der Krankenhäuser, denen die Länder immer mehr Mittel entzogen haben, muss behoben werden.“ Der Vorsitzende des Verbands der angestellten und beamteten Ärzte, Rudolf Henke, sagte, das fehlende Geld gefährde auch die Weiterbildung der Ärzte. HH