: Ringen um roten Sockel
SPD und Gewerkschaften halten auch vor dem morgigen Kohlegipfel in Berlin an ihrer Forderung nach einem Sockelbergbau fest. NRW-Landesregierung rechnet nicht mit einer Einigung
VON KLAUS JANSENUND HOLGER PAULER
Die Reise vom CDU-Parteitag in Dresden ins Berliner Bundeskanzleramt könnte sich Ministerpräsident Jürgen Rüttgers eigentlich sparen: Schon vor dem heutigen Spitzengespräch zur Zukunft der Steinkohleförderung geht die NRW-Landesregierung von einem Scheitern der Verhandlungsrunde aus. „Es wird morgen sicher keine Einigung geben“, sagte Regierungssprecher Andreas Krautscheid (CDU) gestern der taz.
Nach Medienberichten wollte die große Koalition bei ihrem heutigen Treffen mit den kohlefördernden Bundesländern NRW und dem Saarland den Börsengang der RAG und den sozialverträglichen Ausstieg aus der Steinkohle zu Ende verhandeln. Mit ihrer Forderung nach einer unbegrenzten Fortführung eines so genannten Sockelbergbaus habe die SPD einen schnellen Kompromiss unmöglich gemacht, sagte Krautscheid: „Einen Börsengang der RAG wird es mit der dauerhaften Beibehaltung eines Kohlesockels nicht geben. Das schließt sich aus.“
NRW-SPD-Landeschef Jochen Dieckmann hatte gestern noch einmal Druck auf seinen Parteifreund Peer Steinbrück gemacht, der als Bundesfinanzminister an den Kohleverhandlungen beteiligt ist. Aus sozialen und energiepolitischen Gründen sei es unverzichtbar, Steinkohle im Ruhrgebiet auch über 2018 hinaus zu fördern, sagte er. SPD-Fraktionsvize Norbert Römer forderte einen „dauerhaften Bergbau“ – alles andere sei „Verrat an den Zusagen für die Bergleute und ihre Familien“.
Aus Sicht der Kohlegegner wird es um die Hardliner in der NRW-SPD jedoch zunehmend einsamer. Sowohl RAG-Chef Werner Müller als auch IG BCE-Boss Hubertus Schmoldt hätten in den vergangenen Verhandlungsrunden die Bereitschaft erkennen lassen, mittelfristig aus der Steinkohle auszusteigen, sagte Regierungssprecher Krautscheid. Auch der grüne Landtagsfraktionsvize Reiner Priggen hält die Sozialdemokraten für die eigentlichen Blockierer: „Mit Schmoldt könnte es einen Kompromiss geben. Und Werner Müller will mit der RAG an die Börse, dafür muss er beim Kohleausstieg den Knoten durchschlagen“, sagte er. Nach Ansicht von Priggen lohnt sich der Bergbau für die RAG auch ökonomisch nicht mehr: Die Förderung einer Tonne Kohle im Bergwerk Hamm koste die RAG mittlerweile 300 Euro – dies sei fünfmal mehr als der Weltmarktpreis.
Die RAG hielt gestern auch eine kurzfristige Einigung für möglich. Ob dabei auch ein Verzicht auf den Kohlesockel mitbeschlossen werden könne, ließ das Unternehmen allerdings offen. Viele Fragen seien noch nicht geklärt. Die IG BCE schloss ein Entgegenkommen in Richtung CDU gestern jedoch aus: „Wir sind von einer Einigung weiter entfernt als je zuvor“, sagte Vorstandsmitglied Werner Bischoff der taz. Zum Beweis schickte die Gewerkschaft gestern 1.000 Bergleute in gemieteten Bussen auf den weiten Weg zum CDU-Parteitag nach Dresden – um Jürgen Rüttgers auszupfeifen.
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