Darfur entzweit Bundesregierung

Verteidigungsminister Jung will Bundeswehreinsatz nicht ausschließen. Andere schon

BERLIN taz ■ Während der einst kontrovers diskutierte Bundeswehreinsatz in der Demokratischen Republik Kongo heute ohne Debatten zu Ende geht, ist eine Diskussion um einen möglichen Bundeswehreinsatz in Sudans Kriegsregion Darfur entbrannt. Auslöser ist eine Bemerkung von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU). Der hatte am Dienstag gesagt: „Wenn es eine Gesamtoperation gibt, dann werden wir uns einer solchen Anfrage auch nicht verweigern.“ Jung war damit der erste Unionsminister in der großen Koalition, der von der bisherigen Ablehnungshaltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel abwich, und erst das zweite Kabinettsmitglied nach Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die sich Ende letzter Woche ähnlich geäußert hatte.

Nach heller Aufregung stellte ein Regierungssprecher gestern Nachmittag klar: „Eine Verstärkung steht nicht auf der Tagesordnung.“ Über die Hilfe der Bundeswehr für die Truppe der Afrikanischen Union (AU) in Darfur hinaus, für die es ein Bundeswehrmandat über die Entsendung von bis zu 200 Mann gibt, sei nichts geplant. Die Verlängerung dieses Mandats stand gestern Abend auf der Tagesordnung des Bundeskabinetts.

Selbst eine tatsächliche Umsetzung dieses Mandats aus dem Jahr 2004 wäre jedoch eine grundlegende Abkehr von der bisherigen Linie, wonach Deutschland keine Soldaten nach Darfur schicken will. Die innenpolitischen Fronten zu diesem Thema sind identisch mit denen bei den Debatten um den Kongo-Einsatz Anfang dieses Jahres: FDP, CSU und Linkspartei sind gegen einen Einsatz.

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer verwahrte sich gestern gegen eine Truppenentsendung mit dem Argument, die Lage in Darfur sei zu schlimm zum Eingreifen, weil Sudans Regierung Dörfer bombardiere, die Versorgung von Flüchtlingen unterbinde und UN-Beschlüsse ignoriere. „Vor so einem Hintergrund will ich keinen deutschen Soldaten in eine solche Mission schicken“, sagte Ramsauer. „Eine Koalitionsmehrheit für einen schnellen Einsatz vor diesem Hintergrund wird es nicht geben.“ Zu Grünen-Forderungen nach Eingreifen sagte Ramsauer, das sei „regelrecht gespenstisch: Wer so spricht, der treibt deutsche Soldaten buchstäblich in einen Krieg hinein.“

Die grüne Bundestagsfraktion hatte zuvor Jungs Äußerungen begrüßt. „Wenn sich ein Völkermord anbahnt, kann Deutschland nicht die Hände in den Schoß legen“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck. Politiker der FDP und der Linksfraktion wiesen einen deutschen Einsatz in Darfur jedoch zurück.

Die erneute Debatte kommt, obwohl eine UN-Mission in Darfur aufgrund der Ablehnung durch Sudans Regierung bereits so gut wie vom Tisch ist. Lediglich eine UN-Beteiligung an der bestehenden AU-Mission ist in der Diskussion.

Deutschland, Frankreich und Kanada forderten derweil eine Darfur-Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats. Am Dienstag waren die EU-Länder im Menschenrechtsrat mit dem Versuch gescheitert, eine Verurteilung der sudanesischen Regierung durchzusetzen. Eine knappe Mehrheit der 47 Mitgliedsländer stimmte dagegen und verabschiedete dagegen eine Resolution afrikanischer Staaten, in der lediglich allgemeine „Sorge“ geäußert wird. DOMINIC JOHNSON