: Kohlenwäsche im Leerlauf
Am Sonntag endet die Design-Schau „Entry“ auf der Essener Zeche Zollverein. Danach steht die teuer renovierte Kohlenwäsche erst mal leer – für fast zwei Jahre. Bis endlich das Ruhrmuseum eröffnet
VON BORIS R. ROSENKRANZ
Wenn am Sonntag die Desingn-Ausstellung „Entry 2006“ in der Kohlenwäsche der Essener Zeche Zollverein zu Ende geht, passiert dort erst mal – gar nichts. Etwas mehr als 200.000 Menschen haben die Schau seit Ende August gesehen. Nun werden die Exponate abgebaut und weggeschafft. Erst im September 2008, immerhin fast zwei Jahre später als geplant, soll das neue Ruhrmuseum in der Kohlenwäsche eröffnen. Bis dahin steht das von dem niederländischen Architekt Rem Koolhaas für gut 40 Millionen Euro umgebaute Haus leer.
Dabei haben sich die Betreiber des Ruhrmuseums, das aus dem Ruhrlandmuseum in der Essener Innenstadt entstehen wird, gerade eben mit dem Land NRW geeinigt, wie die Betriebskosten geschultert werden: Demnach geben die Stadt Essen 2,5 Millionen, der Landschaftsverband Rheinland 1,85 Millionen Euro und das Land NRW eine Million Euro, wie Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff am Mittwoch erklärte. Mit dieser „grundsätzlichen Einigung“, so der Christdemokrat, „konnte ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Kulturhauptstadt 2010 und zur dauerhaften Belebung des Weltkulturerbes Zeche Zollverein zurückgelegt werden“.
Die fehlende Finanzierung galt bisher als ein Grund dafür, dass sich die Eröffnung des Ruhrmuseums verzögert. Ein anderer: die fehlende Konzeption. Doch auch die ist nun in Arbeit. Im September wurde endlich der Stuttgarter Architekt und Museumsgestalter HG Merz aus sieben Bewerbern ausgewählt, die Dauerausstellung des Ruhrmuseums zu erarbeiten. 4.800 Quadratmeter, ergo: den größten Teil des Gebäudes, wird diese einnehmen. Merz, Jahrgang 1947 und Professor für Visuelle Kommunikation in Pforzheim, gilt als erfahren: Er konzipierte unter anderem das Stuttgarter Mercedes-Benz Museum, renovierte die Alte Nationalgalerie in Berlin und schuf die Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen.
Und doch bezeichnet Merz sein Projekt auf Zollverein als „einen der größten Brocken“ seiner Karriere. Sonderbar dabei: Das Ruhrgebiet wehrt sich, Peter Sellars für die Kulturhauptstadt zu engagieren, weil er nicht aus dem Pott kommt. Und Merz? Der verspricht, in der Kohlenwäsche ein Gefühl von Ruhrgebiet entstehen zu lassen. Geboren ist der Architekt im württembergischen Taiflingen und arbeitet heute in Stuttgart und Berlin.
Es komme nicht darauf an, ob jemand im Ruhrgebiet geboren ist, entgegnet der Leiter des Ruhrlandmuseums, Ulrich Borsdorf, selbst auch nicht gebürtig aus dem Revier. Damit sich Merz ein Bild machen kann, wurde er inzwischen durch den Pott geführt. Auf diese Weise habe er sich gut „hineingefühlt“ in das Ruhrgebiet. Eine Fahrt unter Tage soll nun den Rest besorgen. Außerdem, so Borsdorf, sei Merz nicht allein zuständig für die Konzeption, die werde im Team erarbeitet. Die Weichen seien alle gestellt. Finanzierung. Konzeption. Kann losgehen.
Dass die Kohlenwäsche bis 2008 quasi nackt zu besichtigen ist, dürfte insbesondere puristisch veranlagte Denkmalschützer freuen, die den Umbau einst harsch kritisierten, unter anderem der Rolltreppe wegen, die am Haus installiert wurde. Sie forderten, die Kohlenwäsche im Urzustand zu belassen: als Exponat an sich, das man begehen kann, um Industriegeschichte zu erleben. Schließlich könne man das „industriekulturelle Erbe nicht mit einer Ausstellung nach der anderen zumüllen“, sagte etwa die Delegierte der Kultusministerkonferenz beim Welterbekomitee der Unesco, Birgitta Ringbeck, im Jahr 2004.