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Archiv-Artikel

Krautscheids Eiertanz

Rüttgers‘ Regierungssprecher warnt Parteifreunde vor Neubaugebieten: Dort werde die CDU nicht gewählt

Andreas Krautscheid ist CDU-Vorsitzender im Rhein-Sieg-Kreis und Sprecher der Landesregierung. Wenn er abends seinen Schreibtisch in der Staatskanzlei verlässt, schaltet er innerlich von Hirn auf Herz um. Dann sagt er, was er wirklich denkt. Das Parteibuch in der Tasche und das Amt in der Büroschublade, zieht er los um politisch mitzumischen. Etwa bei der jüngsten Mitgliederversammlung der CDU in Bad Honnef zum Thema Stadtentwicklung: Ganz Parteistratege, empfahl Krautscheid seinen KollegInnen, Neubaugebiete mit großer Vorsicht auszuweisen. Bisher Zugezogene seien meist keine CDU-Mitglieder. Am Schluss wählten Neuankömmlinge noch SPD oder FDP. So war es etwa 2004 in den Gemeinden Bornheim und Eitorf geschehen, wo zuvor die CDU regiert hatte.

Mit seiner Sozi-Paranoia lieferte Krautscheid, der 1994 eine Legislaturperiode im Bundestag verbrachte, der Opposition im Landtag eine Steilvorlage: „In der Öffentlichkeit werden Sie als Regierungssprecher wahrgenommen. Üben Sie Ihr Amt genauso aus wie ihren Parteivorsitz?“, feuerte SPDler Markus Töns gestern im Hauptausschuss. „In der Lokalpolitik wird ja mancher Blödsinn geäußert. Bei einem Regierungssprecher ist das aber von großem Belang“, kritisierte sein Parteikollege Edgar Moron. Grünenpolitikerin Sylvia Löhrmann warf Krautscheid vor, sich unprofessionell zu verhalten.

Der reagierte zunächst gelassen. Schließlich habe er auf die Vorwürfe, Parteipolitik mit seinem Amt vermengt zu haben, direkt mit einem Brief an die Parteimitglieder reagiert. „Ich habe in Bad Honnef als Parteivorsitzender gehandelt. Da hatte keiner den Eindruck, ich würde als Regierungssprecher auftreten“, so der Landesbeamte. Seine Ängste, rote SPDler würden seine schwarze Provinz aufknacken, wies er nicht zurück. Die waren ernst gemeint. Das müsse außerdem Klarstellung genug sein.

Doch so ganz klar waren die Umstände von Krautscheids parteipolitischem Ausflug immer noch nicht. „Ist es richtig, dass Sie an besagtem Tag krank gemeldet waren?“, wollte Töns wissen. Krautscheids kommunikativ-professioneller Umgang mit dieser Frage sah so aus: Er schwieg. Erst ganz zuletzt in der Fragerunde versprach Krautscheid, er werde das nachschauen. Alles kann schließlich selbst ein Regierungssprecher nicht wissen, vor allem, wenn der ständig zwischen den Extremen Partei und Amt pendelt.

MORITZ SCHRÖDER