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Archiv-Artikel

Frankreichs AKW-Betreiber können aufatmen

RESSOURCEN Der Atomkonzern Areva darf weiter im Sahelstaat Niger Uran fördern – aber jetzt im Einklang mit Nigers Bergbaugesetzen. „Endlich“, jubelt die nigrische Regierung. Die Förderung des Rohstoffs besteuert der afrikanische Staat künftig mit 12 Prozent

„Die neue strategische Partnerschaft ist ein Sieg für den Staat Niger“

NIGERS STAATSZEITUNG GESTERN

VON DOMINIC JOHNSON

BERLIN taz | Die Zukunft der französischen Atomindustrie ist sicher. Der zu 80 Prozent staatliche französische Atomkonzern Areva unterschrieb am Montagnachmittag mit der Regierung der Republik Niger eine „strategische Partnerschaft“, die den Weiterbetrieb der Uranminen der Areva-Tochterfirmen Somair und Cominak in Niger für voraussichtlich mindestens zehn Jahre sichert. „Endlich unterschrieben!“, jubelte am Dienstag die staatliche nigrische Tageszeitung Le Sahel. Auch Areva äußerte sich positiv, wenngleich nicht in Jubeltönen.

Das neue Abkommen ist ein Schritt zur Überwindung eines der letzten neokolonialen Ausbeutungsverhältnisse in Afrika. Niger ist nach UN-Ranglisten das ärmste Land der Welt, aber der viertgrößte Uranförderer weltweit und mit 30 Prozent des französischen Bedarfs Frankreichs zweitwichtigster Uranlieferant hinter Kasachstan. Anders als Kasachstan ist Niger aber eine ehemalige französische Kolonie und der Uranabbau, der dort seit Kolonialzeiten in der Saharawüste in einem hauptsächlich von Tuareg-Nomaden besiedelten Gebiet stattfindet, eine innerfranzösische Angelegenheit.

In den beiden Areva-Tochterfirmen in Niger hält der nigrische Staat lediglich Minderheitenanteile über die Staatsfirma Sopamin. Sie stehen unter französischer Leitung, und wenn sie ihr Erz an Areva verkaufen, machen die Franzosen faktisch Geschäfte mit sich selbst. Nicht einmal Nigers Regierung kennt Arevas reale Preise und Kosten.

Während Uran Nigers wichtigstes Exportprodukt ist, trägt es nur 5 Prozent des nigrischen Staatshaushalts bei. Nach Recherchen von Oxfam führten die Areva-Töchter im Jahr 2010 Uran im Wert von über 3,5 Milliarden Euro aus Niger aus, aber das Land verdiente daran lediglich 459 Millionen.

Nachdem vor rund zehn Jahren bewaffnete Tuareg-Aufständische mit Unterstützung aus Libyen in Nigers Urangebieten aktiv wurden, begann der damalige Präsident Mamadou Tandja, die Uranindustrie neu zu ordnen. Er dekretierte 2006 ein neues Minengesetz und vergab Urankonzessionen an Chinesen, was die Franzosen aufschreckte. Seit 2008 darf die nigrische Staatsfirma Sopamin erstmals Uran selbst verkaufen, und die Preise, auf deren Grundlage die Areva-Töchter Steuern zahlen, werden regelmäßig neu ausgehandelt.

Der 2011 demokratisch gewählte Staatschef Mahamadou Issoufou hat es nun geschafft, das neue Minengesetz von 2006 auch auf Areva anzuwenden, was bisher nicht gelungen war. Entgegen kam ihm dabei, dass er selbst als ehemaliger Leiter der nigrischen Bergbaubehörde und ehemaliger Areva-Angestellter den Uransektor von innen kennt.

Issoufou, ein Sozialist, ist außerdem auch mit Frankreichs sozialistischer Regierung gut befreundet, die anders als ihr konservativer Vorgänger keine Einwände gegen seine Forderungen mehr erhob. Die bisherigen Verträge zwischen Areva und Niger liefen Ende 2013 aus.

Dem neuen Abkommen zufolge steigt der Steuersatz auf Arevas Uranförderung in Niger von 5,5 auf 12 Prozent, gemäß dem Minengesetz von 2006. Die beiden Areva-Töchter Somair und Cominak werden in Zukunft von Einheimischen geleitet – Somair schon dieses Jahr, Cominak ab 2016. „Die ‚Nigrisierung‘ der Leitung festigt die vollwertige Teilhabe Nigers an der Führung dieser Firmen und bringt diese damit in Einklang mit der Verfassung“, lobt das Staatsblatt Le Sahel. Weiterhin wird Areva neue Wüstenstraßen in Niger bauen und unterhalten.

„Es ist völlig klar, dass die neue strategische Partnerschaft ein Sieg für den Staat Niger ist“, so Le Sahel weiter. Die geplante neue Uranmine Imouraren wird dagegen auf Eis gelegt. Diese Entscheidung ist für Areva sinnvoll, da seit der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 der Bedarf an neuen Uranquellen weltweit eingebrochen ist.