KOMMENTAR VON CHRISTIAN RATH ÜBER DIE KONTROLLE DER BND-AKTIVITÄTEN
: Der Bundestag muss ran

Die gerichtliche Kontrolle der strategischen BND-Fernmeldeüberwachung ist vorläufig gescheitert. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Klage des Anwalts Niko Härting für unzulässig erklärt. Weil er nicht beweisen kann, dass der BND seine internationalen E-Mails gescannt hat, könne er auch nicht klagen.

Reflexartig richten sich jetzt wieder alle Augen auf das Bundesverfassungsgericht. Schneller helfen könnte aber der Deutsche Bundestag.

Denn es liegt nahe, die anlasslose Kontrolle des grenzüberschreitenden Telekom-Verkehrs einfach abzuschaffen. Hier werden mit extrem großem Aufwand sehr wenig Erkenntnisse gewonnen. Vermutlich würde sich die Sicherheit in Deutschland ohne diese Form der Überwachung kein bisschen verringern. Dagegen wäre ein Verzicht ein international sichtbares Zeichen gegen den Überwachungswahn der Amerikaner und Briten. Es ist wenig überzeugend, gegen die NSA-Überwachung der deutschen Bevölkerung zu protestieren, wenn gleichzeitig jede E-Mail in die USA vom BND kontrolliert werden darf.

Sollte die Große Koalition dafür zu kleinmütig sein, könnte die strategische Kontrolle immerhin entschärft werden: Der Gesetzgeber könnte vorschreiben, dass keine inhaltlichen Suchbegriffe mehr verwendet werden dürfen. Eine Mail würde dann nicht mehr geprüft, weil darin verdächtige Wörter wie „Sprengstoff“ benutzt werden. Dies führt bisher vor allem zu vielen Fehltreffern und zu einem Gefühl der willkürlichen Überwachung.

Stattdessen sollte die Kontrolle ganz auf formale Suchbegriffe wie ausländische E-Mail-Adressen oder Faxnummern begrenzt werden. Das Mitlesen von Nachrichten an pakistanische Terrorfürsten ist weniger willkürlich und sogar effizienter. Deshalb ist der BND in den letzten Jahren von selbst immer mehr dazu übergegangen, inhaltliche durch formale Suchbegriffe zu ersetzen. Anders hätte er die Flut an sinnlosen Treffern auch gar nicht in den Griff bekommen. In den letzten Jahren entpuppten sich stets 99,9 Prozent der näher kontrollierten Mails als irrelevant, zumeist handelte es sich um Spam-Mails. Das war letztlich eher lächerlich als beängstigend.