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Archiv-Artikel

Nord-Schülerzahlen im Sinkflug

Schleswig-Holstein legt neuen Bildungsbericht vor: Bis 2020 gibt es in den Schulen 20 Prozent weniger Kinder. Zahl der Sitzenbleiber ist gesunken, aber jeder sechste Schüler mit Migrationshintergrund hat keinen Abschluss. Die Abiturienten-Quote liegt weit unter dem Bundesdurchschnitt

Das Jahr 2007 wird ein besonderes für die Schulen in Schleswig-Holstein: Die Zahl der Jugendlichen an allen Schularten steigt zum letzten Mal leicht auf 431.700, um dann stetig zu sinken. Im Schuljahr 2010/11 liegt die Gesamtzahl 4,5 Prozent unter dem heutigen Stand, 2015/16 zwölf und 2020 ganze 21 Prozent. Einzelne Schularten haben den Gipfel bereits überschritten, andere werden noch weiter wachsen, vor allem das Gymnasium und die Gesamtschulen, die in Zukunft Gemeinschaftsschulen heißen. Der Aufschwung bei letzteren ist allerdings nur möglich, weil mehr Schulen auf das gemeinsame System umgestellt werden.

Dies ist ein Ergebnis des aktuellen Bildungsberichts der Landesregierung, den die Fachministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) soeben vorstellte. Der 115 Seiten dicke Rapport, der alle zwei Jahre erscheint, beleuchtet einzelne Schularten sowie die Stärken und Schwächen der Kinder und Jugendlichen im Land. Die sehen nicht anders aus als überall sonst: Die „Starken“, vor allem die Gymnasiasten, haben sich gut entwickelt, die „Schwachen“, darunter überdurchschnittlich viele Jugendliche aus ausländischen Familien, werden weiter abgehängt. So sind unter den 5,7 Prozent eines Jahrgangs, die die Schule ohne Abschluss verlassen, überproportional viele Mädchen und Jungen mit Migrationshintergrund: 18,7 Prozent ausländischer Jugendlicher schaffen keinen Abschluss, 50 Prozent erhalten ein Hauptschulzeugnis, nur sieben Prozent machen Abitur – bei ihren deutschen Altersgenossen sind es 22 Prozent.

Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 31.046 Jugendliche aus den Schulen entlassen. Nur 23 Prozent von ihnen machten Abitur, Schleswig-Holstein liegt hier deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von fast 30 Prozent. Mit jeweils ähnlichen Anteilen von knapp 33 Prozent und 32 Prozent sind der Haupt- und der Realschulabschluss die häufigsten Schulabschlüsse.

Ungleichgewichte zwischen sozial Starken und Schwachen setzen sich in den Ergebnissen der Bildungsstudien wie Pisa fort: An Schulen in armen Stadtteilen sind deutlich mehr Kinder nicht in der Lage, die Aufgaben zu lösen als in gutbürgerlichen Vierteln oder Kleinstädten.

Problem erkannt, aber nicht gebannt: „Wir müssen an unseren Schulen die vorhandenen Ansätze einer wirksamen Förderung verstärken“, sagte Ministerin Erdsiek-Rave. „Bildungsgerechtigkeit“ sei dringend notwendig. Die Landesregierung investiere in dieser Legislaturperiode 150 Millionen Euro zusätzlich in Bildung und schaffe 700 neue Lehrerstellen. Auch die Ausgaben pro Jahr und Schüler wurden von 2000 bis 2003 von rund 4300 auf 4500 Euro erhöht. Allerdings liegen sie im Bundesschnitt immer noch 200 Euro höher.

Immerhin ein Zwischenziel ist erreicht: Schleswig-Holstein, früher bundesweiter Spitzenreiter im Fach „Ehrenrunden“, ist inzwischen auf einem guten Platz im Mittelfeld gelandet und in einigen Bereichen sogar deutlich besser als der Bundesschnitt: In den Grundschulen wiederholen nur noch 0,6 Prozent der Kinder eines Jahrgangs eine Klasse, 2001/02 waren es noch 2,4 Prozent. In den Hauptschulen ist der Anteil der Wiederholer von fünf auf 4,3 Prozent gesunken, bei den Gymnasien von 2,9 auf 1,9 Prozent. Grund sei die „Eingangsphase“ in der Grundschule, nach der die Kinder eine „differenzierte individuelle Förderung“ erhalten, teilt das Ministerium mit.

Der Landesbildungsbericht 2006 ist unterwww.mbf.schleswig-holstein.de zu finden.ESTHER GEISSLINGER